Freitag, 26. Februar 2010

Abenteuer Istanbul

Meinen Donnerstagabend habe ich also auf dem Flughafen von Istanbul verbracht. Ich wollte mir eine gemütliche Ecke suchen, lesen und Leute beobachten und dann würde die Zeit sicher ganz schnell vergehen, waren ja nur 4,5 Stunden zu überbrücken. Da ich vom Flugzeugessen ausreichend versorgt war und weder Geld tauschen noch mich beim Mit-Euro-bezahlen über den Huckel schieben lassen wollte, setzte ich mich in die Starbucks Ecke, ohne etwas zu bestellen. Vorher beim Flanieren auf dem Flughafengelände sind mir schon eine Handvoll in weiß gekleideter alter Männer aufgefallen, die quasi nur einen Umhang trugen und Badelatschen. Vielleicht war es auch ein Bademantel. Auf jeden Fall mussten sie ihren Umhang vorne mit der Hand zusammenhalten und trugen in der anderen ihr Handgepäck, eine Herrenhandtasche. Die Frauen dazu trugen die in der Türkei sicher übliche Tracht: weißes Kopftuch, langer Mantel, geschlossene Schuhe. Wer weiß, welcher Religion die anhängen, dachte ich mir. Doch schon wenig später auf meinem unbequemen Stuhl bei Starbucks wurde aus der "Handvoll" eine handfeste Reisegruppe. Das weiße Tuch war nur lose um den Körper geschlagen, bei einigen war die nackte Brust zu sehen, alle trugen sie Badelatschen. Ich kam mir vor, wie in einem Saunaclub. Wer kann mich aufklären? Was sind das für Menschen, die mitten im Winter so tun, als ob sie in der Wüste säßen? Sie waren alle alte Menschen. Erst dachte ich, die Frauen würden standardmäßig hinter den Männern laufen, aber dann bemerkte ich, dass sie die gleiche gutmütige Gleichgültigkeit an den Tag legten, wie wahrscheinlich viele lang verheiratete Pärchen. Die Frauen liefen lieber mit den anderen Frauen zusammen und die eine oder andere half ihrem Mann liebevoll, den Wickelumhang fester um die Schultern zu ziehen. Als alle durch waren, wurde es langweilig und unbequem. Und da fiel mir ein, dass ich doch Business Class flog und deshalb ja wohl auch in Istanbul in die entsprechende Lounge gehen könnte. Wie sich herausstellte, hatte ich direkt neben dem Eingang zur Lounge "campiert". Ich marschierte also hinein und mich empfing ein riesengroßer zentraler Wartebereich, von dem aus mehrere einzelne Zimmer abgingen. Ein Meetingraum, ein Kinderzimmer, mehrere Fernsehräume, Toiletten, eine Moschee und wer-weiß-was-noch-alles. Ich suchte mir eine Sofaecke, von der ich den ganzen Raum überblickte und saß erstmal nur fasziniert da. Die Lounge war gut gefüllt. Einen Einzelplatz hat man nicht mehr bekommen, aber stehen musste keiner. Ich hatte mich zu einem einsamen Geschäftsmann mit Laptop gesetzt, weil es da so schön ruhig war. Das änderte sich leider bald, weil er mit 4 weiteren Geschäftsmännern verabredet war. Ein Blick aufs türkische Buffet verzauberte mich auch nicht gerade und so trank ich lediglich Kirschsaft und blätterte in meinen Zeitschriften. Wenig später räumten die Herren das Feld und die Sitzgruppe wurde von einer Türkin in Beschlag genommen, die mich 1. nicht fragte, ob noch frei war und 2. ungefragt den Fernseher hinter mir anschaltete (den ich vorher gar nicht bemerkt hatte) und irgendeine türkische Version von GZSZ in voller Lautstärke darbot, so dass ich bald von mehreren schmachtenden Türkinnen umgeben mich nicht mehr hinter meiner Zeitung verstecken konnte und die Flucht ergriff.
Leider erging es mir auch in der nächsten Sitzgruppe nicht anders. Irgendwelche Leute pflanzen sich rücksichtslos hin, wo es ihnen grade passt, benehmen sich wie zu Hause, schmeißen Nüsschen auf den Boden, nach dem Motto: Ich bin Business Class, ich darf das.
Rund 1 Stunde vor Abflug entschied ich mich, mich doch unter das normale Volk zu mischen und begab mich zum Abflug-Gate, wo ich zwar auch nur rumsaß, aber mich nicht mehr über die Snobs ärgern musste.
Die Krönung des Abends war dann der türkische Security-Check. Laptop rausnehmen? Flüssigkeiten separat packen? Gürtel abmachen? Jacke ausziehen? Fehlanzeige! Den ungläubigen Blick der Angestellten hättet Ihr sehen sollen, als ich meinen Koffer öffnen wollte, um die kritischen Sachen auszupacken. Die hat geguckt, als will ich ihr meine Unterwäsche vorführen. Als ich dann auch noch an meinem Gürtel nestelte, hat sie mich einfach schnell durch die Schleuse geschickt, als keiner aufgepasst hat, ob’s piepst oder nicht.
Ein bisschen beunruhigt war ich dann schon, ist es doch so jedem möglich, Sprengkörper, Messer und dergleichen mit an Bord zu nehmen. Aber gleich darauf fiel mir ein, mit wem ich flog: mit lauter Muslimen. Sollen die sich gegenseitig in die Luft jagen? Und selbst wenn, würde ein Terrorist einen so außergewöhnlichen Flug wie Istanbul-Almaty wählen, in dem garantiert keine wichtigen Leute sitzen?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen