Montag, 26. April 2010

Feels like summer...

An diesem Wochenende kann ich leider mal nicht mit einer Flut von Landschaftsbildern aufwarten. Was nicht heißen soll, dass es nicht ein großartiges, abwechslungsreiches, unvergessliches Wochenende war.
Es begann mit einem Ausflug in die Berge, wo ich eigentlich mit Heikos Familie einen Pony-Ausflug machen wollte. Allerdings waren trotz vorheriger Anmeldung alle Ponies besetzt und so mussten wir auf unseren eigenen Füßen die Gegend erkunden.
Es war ein super sonniger Tag, in den Bergen war die Luft frisch und nicht so stickig wie unten in der Stadt. Allerdings lag hier oben auch noch eine Menge Schnee und dort, wo er bereits getaut war, war alles matschig. Nach großen Wanderungen war uns nicht zumute und so setzten wir uns bald an einen Fluss und machten gemütlich Picknick. Lustige Zitronenfalter flatterten um uns herum, fleißige Ameisen waren auf Futtersuche für den Nachwuchs und immer wieder kam ein Marienkäfer vorbei und erfreute die Kinder.
Wenig später ging eine Delegation noch ein paar Meter weiter, um das Ende einer Lawine zu begutachten, die sich vor nicht allzu langer Zeit auf den Weg ins Tal gemacht hatte.Aber ich hatte noch so viele andere Sachen vor an diesem Samstag, dass wir schon bald zurück in die Stadt fuhren. Und dann stand Rugby auf dem Plan.
Ich hatte in Facebook davon erfahren, dass heute ein Spiel der kasachischen Nationalmannschaft im Asian5Nations-Turnier stattfinden sollte. Der Gewinner des Turniers sei für die Weltmeisterschaft 2011 in New Zealand qualifiziert... also durchaus ein Anreiz. Die betreffenden 5 Nations sind Japan, Korea, HongKong, Arabian Gulf und eben Kasachstan. Heute sollte Kasachstan gegen Arabian Gulf spielen und es sollte das einzige Spiel des Turniers sein, das in Almaty stattfindet. Durch meine zeit in Neuseeland von Rugby infiziert, hatte ich mich im Vorfeld um Tickets kümmern wollen, nur um festzustellen, dass es KOSTENLOS war!
Da Rugby offensichtlich also keinen großen Zuspruch erfährt in diesem Land, wo alle mehr an Reiterspielen interessiert sind, machte ich mich auf eine kleine eingeschworene Fangemeinde bestehend aus Eltern und Freundinnen der Spieler gefasst (also fast wie beim Wasserball).
Wie sollte ich vom Fanblock überwältigt werden!
Die ganze Tribüne war voll:
Die Stimmung war nicht zu übertreffenden. Sprechchöre, Jubel, Plakate, Fahnen... es war unglaublich! Jede Aktion auf dem Spielfeld wurde lautstark quittiert. Und dann war alles so nah. Man konnte die Prügelszenen fast hautnah miterleben.
Gegner kaltblütig anstarren...
... und GO!
Natürlich haben die Kasachen gewonnen :-)
Was für ein Spiel! Naja, eigentlich war es wohl kein besonderes Spiel, aber Rugby ist im Vergleich zu Fußball eben doch was ganz anderes: Die haben keine Berühungsängste, die gehen so ruppig miteinander um und trotzdem liegt keiner heulend am Boden. Da kommt man gar nicht dran vorbei, intensiv mitzufiebern...
Bestens gelaunt ließ ich mich nach dem Spiel von ein paar Mädels (von denen ich nur eine kannte) zu einer Gartenparty mitnehmen.
Und diese Gartenparty hatte ein zweites Mal heute meine Erwartungen übertroffen. Da gab es also diesen Engländer Chris (sicherlich ein Expat), der ein Häuschen am Hügel bewohnte und eine offene Einladung an alle ausgesprochen hatte, die er kannte, nach dem Motto: Kommt vorbei, bringt was zu trinken mit und alle Eure Freunde. Er hatte nach eigener Auskunft den besten Schaschlik-Griller der Stadt angeheuert und tatsächlich, da stand auch ein Kasache in der Gartenecke und versuchte eifrig einen Schaschlik-Grill zu entflammen. Wir kamen gegen halb 8 an und es sollte bis 10 dauern, bis die ersten 5 Schaschlik-Spieße fertig waren. Aber in der Zwischenzeit standen überall Cracker and Cheese herum (typisch englisch eben) und man konnte auch damit seinen Magen beruhigen. An mitgebrachten Getränken gab es vorrangig Bier und Wodka. Und Wodka-Mixe und Wodka-Bowle... Wir waren mit die ersten Gäste und gaben noch überall Pfötchen. Als dann nach und nach die Party andere Ausmaße annahm, konnte man nicht mal mehr sagen, wer gerade gekommen war... Wie das bei Expats so ist, geben sie sich am liebsten mit anderen Expats ab und nur der eine oder andere hat auch einheimische Freunde. Im Laufe des Abends schwoll die Gartenparty auf über 50 Leute an und aus jeder Ecke hörte man anderes Stimmengewirr. Es gab Engländer, Amerikaner, Deutsche, Ösis, Türken, Franzosen, Pakistani, Dänen, Russen, ja, auch ein paar aus Kasachstan und den Rest hab ich vergessen, weil ich auch dem Wodka verfallen bin. Auf jeden Fall war es zwar saumäßig kalt aber absolute Hoch-Stimmung. Obwohl das Essen nicht für alle gereicht hatte. Ich unterhielt mich fast alle halbe Stunde mit jemand anderem und hab's einfach nur genossen. So kann der Sommer bleiben...

Und mein Sonntag?
Ja, der war recht kurz (erstmal ausschlafen), dafür aber mit 30Grad optimal dafür geeignet, ein spätes Frühstück unter sonnendurchfluteten Bäumen zu halten und den Rest des Tages lesend auf einer Parkbank zu verbringen.

Sonntag, 18. April 2010

Tamgaly Tas

Nachdem ich an den letzten Wochenenden ausreichend die Berge genossen hatte, war es jetzt mal wieder Zeit für ein paar Steppenerfahrungen.
Auf dem Programm stand eine 1-Tages-Tour zu einer großen Ansammlung uralter Felszeichnungen, welche zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurden und etwa 50% der Sehenswürdigkeiten Kasachstans ausmachen.
Okay, bei der letzten Gelegenheit, Felszeichnungen zu betrachten, war ich nicht recht in der Stimmung. Diesmal allerdings versprach es in Verbindung mit einem Spaziergang und Picknick etwas naturnaher zu sein. Zumal es diesmal auch „die echten“ Felszeichnungen sein sollten. Katja, eine Bayer-Kollegin, sollte eigentlich am Freitag ihre Dienstreise beendet haben, durfte aber aus den bekannten Gründen nicht ausfliegen und so hab ich ihr kurzerhand auch noch einen Platz im Bus organisiert. Wie sich später herausstellte, war sie nicht die einzige „Gestrandete“, die sich mit dieser Tour die Zeit vertrieb. Wir waren eine illustre Runde aus 7 Deutschen und dem russischen Fahrer, der zunehmend mürrischer wurde, weil natürlich den ganzen Tag auf Deutsch geplappert wurde. Er wurde aus irgendeinem Grund sogar so sauer, dass er uns auf dem Rückweg verweigerte, eine kurze Pause an einem Denkmal einzulegen.
Aber erstmal brachte er uns sicher aus dem verregneten, grauen Almaty raus in Richtung Westen, wo dann das Wetter zusehends schöner wurde. Die Straße jedoch wurde mit zunehmender Entfernung schlechter und unser Tempo langsamer. So brauchten wir knappe 4 Stunden, bis wir die 180km hinter uns gebracht hatten. Allerdings hatten wir uns im Auto genug zu erzählen und so wurde die Zeit nicht lang.
Angekommen in Tamgaly Tas (irgendwie schien der Ort keinen Namen zu haben, denn Tamgaly Tas bedeutet auch nur „uralte Felszeichnungen aus grauer Vorzeit“ auf Kasachisch und die letzten Felszeichnungen am Ile-Fluss mit dem Buddha, hießen auch Tamgaly und wenn ich nach der Tour jemandem erzählt habe, wo ich war, hat keiner gewusst, was ich meine, dabei sollte man meinen, dass die Leute wissen, wo sich ihre nächste UNESCO-Weltkulturerbe-Site befindet…), also jedenfalls, angekommen am Ort der 5000 uralten Felszeichnungen mussten wir ernüchtert feststellen, dass es anscheinend ein beliebtes Ausflugsziel für Schulklassen war, denn die Landschaft war bevölkert mit lauten, minderjährigen Grüppchen aus 3,5 Reisebussen. Einige versuchten verzweifelt nacheinander ein Pony in den Galopp zu bringen, andere rannten johlend durch die Gegend und so ziemlich jeder versuchte, mit seinem Müll die Landschaft zu markieren.
Zum Glück waren aber alle im Aufbruch begriffen und so hatten wir den Guide Azamat zu unserer Verfügung.
Azamat wohnte im nahegelegenen Dorf, das aus 5 Häusern bestand. Er war viele Jahre lang Parkwächter, Einlasser, Fremdenführer und Bewahrer der Felszeichnungen gewesen. Tagein, tagaus begrüßte er die Gäste, knöpfte ihnen das Eintrittsgeld ab und führte sie auf Wunsch herum. Als das Gelände dann eines Tages in den Olymp erhoben werden und den Titel UNESCO-Weltkulturerbe bekommen sollte, mussten natürlich auch die erforderlichen internationalen Anforderungen erfüllt werden. Dabei ging es um Beschilderung, sichere Wegführung, Parkplatzvorhaltung, Abfallentsorgung usw. Und vor allem gehörte es dazu, dass die Aufsicht über das Gelände ein Diplom-Archäologe innehatte, schließlich wüsste nur ein Akademiker vom Fach, wie die Zeichnungen richtig gedeutet und bewahrt werden könnten. Nun, um alles hatte sich Azamat gekümmert, er hatte Wege angelegt, er hatte die Wege mit Pfeilen beschriftet, er hat ein Wärterhäuschen an den Parkplatz gestellt und eine Tonne für den Abfall bereitgestellt. Doch angesichts des Diplom-Archäologen hatte er berechtigte Sorgen, seinen Job zu verlieren, weil er eben ein einfacher Bauer bzw. Hirte war. Da es aber in einem 5-Häuser-Dorf keine andere Möglichkeit gab, sein Geld zu verdienen, hatte er sich umgehört und ist letztendlich mit folgendem Vorschlag an seinen Boss getreten (wahrscheinlich der Kulturminister von Kasachstan, noch wahrscheinlicher ein naher Verwandter des Präsidenten): Wenn er in 12 Monaten das Archäologie-Diplom nachweisen könne, könnte er da nicht seinen Job behalten? Und was sagte der Herr Kulturminister dazu? „Naja, geht’s nicht vielleicht auch ein bisschen schneller?“
Und so kam es, dass Azamat einen Monat später für 3000 US-Dollar Diplom-Archäologe wurde und alle waren glücklich und zufrieden.
Zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass die Führung sehr interessant und unterhaltsam war. Er hatte eine gesunde, moderne Einstellung zu seinem Aufgabengebiet, bedauerte den Verfall und die Zerstörung durch Touristen, war gegen 2stöckige Hotels direkt vor Ort und konnte zu jedem Bild eine Geschichte erzählen. Dass man dabei nicht wusste, ob das seine Geschichte oder eine wissenschaftlich fundierte Ableitung war, war dabei gar nicht mehr so entscheidend.
Die Zeichnungen waren aus verschiedenen Epochen, die frühesten von 3000 v.Chr., manche Darstellungen enthielten Erweiterungen aus nachfolgenden Jahrhunderten und die modernsten (also abgesehen von den Schmierereien neuzeitlicher Halbstarker) waren aus dem Mittelalter.
Am Anfang ging es vor allem um Jagdtiere, immer mal wieder dazwischen eine menschenähnliche Gottheit, dann gab es Szenen aus dem sozialen und religiösen Leben und die unvermeidlichen „Erotika“, eine Art Kamasutra auf Kasachisch.

Erste einfache Steinböcke:
Schon etwas detailliertere Hirsche:Gerne auch immer Stiere:Ein typischer Opfer-Stier, die waren immer gefleckt:Worauf will uns dieses Schild hinweisen?
Genau, auf die menschenähnliche Gottheit, die hier verehrt wird:So fing alles an: Die Domestizierung der Pferde:
Dramatische Jagdszene: ein Beweis frühzeitlicher Jagd mit Hunden und Adlern:anderes wichtiges Hinweisschild:
Etwa 2 Stunden lang wandelten wir umher, bewunderten ehrfürchtig die „Zeichnungen“ (es waren ja keine gezeichneten Bilder sondern auf die Steinoberfläche gekratzte), lauschten fasziniert Azamats fragwürdigen Interpretationen und bewunderten die hügelige Landschaft, die nach Abfahrt der Schulklassen so friedlich dalag. Hier rief ein Wiedehopf, dort plärrte ein Kranich, über allem schien die Sonne und man konnte förmlich den Frühling riechen.
Ich auf einer ehemaligen Priesterkanzel. Angeblich kann man die Worte des Geistlichen hier bis ans Ende dieses Kessels hören.So schöööööön: blauer Himmel, kleine Wölkchen und der Horizont ganz weit weg.
Sogar die ersten Steppenblumen entdeckten wir. Die gemeine Steppentulpe, von der es viele hundert Unterarten gibt und die angeblich die Mutter aller Holland-Tulpen sein soll (obwohl die Holländer natürlich etwas anderes behaupten) und die blaue Iris.
Auch ein paar mutige Insekten sonnten sich.

Kaum zu unterscheiden, aber einer von beiden ist giftig:

Nachdem wir zum Abschluss noch ein wenig in der Sonne saßen, uns unterhielten und dabei den Blick verträumt in die Gegend schweifen ließen, begaben wir uns auf den Rückweg zum Auto, wo uns ein Picknick mit lokalen Köstlichkeiten erwartete. Es gab Fladenbrot, kasachischen Käse, Pony-Schinken (der seeeehr schmackhaft war), Salami, gekochte Eier, georgischen Wein, schwarzen Tee und zum Dessert Waffeleier, gefüllt mit gezuckerter Kondensmilch.
Dabei wurden wir die ganze Zeit von einem ganz hungrig aussehenden Tarzoi (dieser russische Jagdhund) belagert, den die anderen nicht lange leiden ließen (ich hatte damit nichts zu tun, ich füttere keine Hunde vom Tisch! Maggie kann’s bezeugen)

Nur zögernd nahmen wir Abschied von der schier endlos weiten Landschaft, die nun in verführerisches Dämmerungslicht gehüllt wurde. Wir fuhren vorbei an heimkehrenden Rinderherden und vielen Pferden mit vorwitzigen Fohlen und waren alle ein wenig müde von der vielen frischen, gesunden Luft.

Dass wir auf dem Rückweg noch am Denkmal für die Schlacht der Kasachen gegen die Dschungaren anhalten wollten, hatte unser Fahrer dann leider ignoriert (er meinte, es sei ja nun sowieso zu dunkel).
Zurück in Almaty wurden wir wiederum mit Regen empfangen und waren doch sehr froh, diesem in der Steppe entkommen gewesen zu sein.

Katja und ich ließen den Tag zünftig erst in einem Rockschuppen und später in DER In-Disco Almatys ausklingen und sie fand es ganz und gar nicht schlimm, an diesem Tag „gestrandet“ zu sein.

Sonntag, 11. April 2010

Peak Furmanova

Ein Engländer, ein Kasachstan-Russe und zwei Deutsche geh'n auf'n Berg... was klingt wie ein Witz hat mir eine im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubende Bergtour beschert.

Aber von vorn:
Am schönen frühen Samstagmorgen traf ich mich mit Heiko, seinem Schwager David und Aggj von letzter Woche. Wir wollten eine moderate Bergtour machen, das Wetter war ganz gut angesagt und wir sind früh los, damit der Schnee von der nächtlichen Kälte noch schön fest ist und man nicht bei jedem Schritt einsinkt.
8:30 wahren wir am Ausgangspunkt und marschierten los. Die Sonne strahlteso stark, dass man gleich auch Sonnencreme gebraucht hat. Wir waren bei Weitem nicht die Einzigen, aber zum Glück gab es genug Natur für alle. Auch unsere Vierergruppe zog sich schnell auseinander. Aggj und Heiko marschierten im Profi-Tempo vorneweg und David und ich hatten Mühe, den Abstand nicht zu groß werden zu lassen.Der Schnee war tatsächlich fest, will heißen, man sackte nur leicht ein. Aber einen steilen Anstieg mit immer wieder einsackenden Schuhen zu bewältigen, gehört nun auch nicht zu den großen Freuden der Menschheit. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nur noch nicht, was mich noch erwarten würde.
Also optimale Vorbereitung für den heutigen Tag hatte ich mir ein Schokomüsli gegönnt. Das lag mir allerdings echt schwer im Magen und ich fühlte mich alles andere als in Hochform. Die Sonne war ansich angenehm, man konnte sogar die Jacke ausziehen und im Pullover wandern. So eine fette, gefütterte Winterjacke im Rucksack machte die Sache dann aber auch nicht einfacher. Schnell schmerzten mir die Schultern. Der Schweiß rann in Sturzbächen durch mein Gesicht, ich hielt den Blick gesenkt, um 1. nicht von der sich im vielen Schnee reklektierenden Sonne geblendet zu werden und um 2. die Spuren meiner Vorgänger nachtreten zu können, damit ich nicht unnötig Energie verlor. Sobald ich nämlich mal hochschaute, hatte ich die Spur verloren und bemühte mich, wieder linke Spur mit linkem Fuß zuzuordnen. Und eine minimale Abweichung von der Spur hatte auch schnell ein Versinken bis zum Hintern im Schnee zur Folge.
So wanderten wir wortkarg und nur begleitet vom knarksenden Schnee 2,5 Stunden bergauf, am Rande einer Schneelawine von letzter Woche. Die Leute, die wir überholten, bzw., die uns überholten waren alle um Längen älter als wir. 2 Damen in den 70ern hörten wir laut schnatternd schon von weitem, beide ohne Stöcker und fröhlich beschwingt daherwandernd, wo wir nur noch schnaufen konnten.
Dann kamen wir an eine geeignete Picknickstelle und machten 2. Frühstück.

Hier dachte ich noch, wir wären schon auf dem Gipfel:
3 Herren im Schnee - kauend:
Die Aussicht war leider sehr trübe. Man konnte zwar die Stadt unterhalb der Berge erkennen, aber auch die Decke aus Smog. Auch dahinter die Steppe und der Horizont waren nur verschwommen erkennbar. Aber der Blick nach oben in Richtung unserem Gipfel war klar und der Schnee glänzte in der Sonne und sehr eindrucksvoll hat man die Risse früherer Lawinen gesehen.
Einen richtigen Weg gab es nicht mehr, man folgte einfach den Spuren der Vorgänger und vertraute darauf, dass die den richtigen Weg gekannt haben. Wenn ich im Nachhinein sehe, wie nah wir an der Kante entlang gelaufen sind, weiß ich nicht genau, wie sicher das war. Dadurch, dass Aggj vorne gelaufen ist, fühlte ich mich jedenfalls nicht gefährdet.
Mit zunehmender Wärme wurde auch der Schnee weicher und ein Versinken ließ sich kaum noch vermeiden. Nicht selten verlor einer von uns plötzlich ein Bein im metertiefen Schnee. Als Hinten-laufender hatte man immerhin die Chance, die Einsturzlöcher der anderen zu sehen und selbst einen anderen Weg zu finden. Aber meist war man ausgeliefert, versuchte sich zu befreien (was meiste die ganze Kraft des freien Oberschenkels kostete) und nicht mit dem nächsten Schritt gleich wieder einzusinken. Wiederum war mein Blick starr auf den Boden gerichtet. Viel bekam ich da nicht mit vom Bergpanorama. Vielmehr war ich abgelenkt durch meine Gedanken an weitaus angenehmere Aktivitäten und verfluchte den Berg und versuchte mich zu erinnern, warum ich so scharf auf Bergtouren war. Jeder Schritt musste mühsam erkämpft werden, die Luft wurde dünner, der Puls schneller, der Rucksack schwerer und der Schnee weicher. Und der Gipfel war noch sooo weit weg.
Während David und ich uns noch mühsam im Zeitlupentempo durch die Senke kämpften, waren Heiko&Aggj schon am nächsten Picknick-Punkt und hatten genug Energie für Faxen.
Man beachte David&mich im Hintergrund:
Als wir dann nach einer gefühlten Ewigkeit auch an diesem Platz angekommen waren und ich den Rucksack von mir werfen konnte, hatte auch ich Spaß und komischerweise überschüssige Energie für lustige Stunts. Und so verbrachten wir eine halbe Stunde damit, in den wildesten Posen von diesem Felsen zu springen.


Aggj meinte treffend (in seinem amüsanten Deutsch), wenn wir in einem Computerspiel wären, hätten wir jetzt durch die ganzen Sprünge sicher eines unserer 3 Leben verloren.
Überhaupt war es für mich ganz fremd, 2 Nicht-Deutsche (also Aggj und David) sich auf Deutsch unterhalten zu hören. Dabei können beide englisch. Da hab ich mich schon ein bisschen für meine Muttersprache gefreut und zum Glück sind die beiden auch nicht böse gewesen, als ich mich minutenlang über den Begriff "Zeichenstrickfilm" kringelig gelacht hab.
Aber mit dem Lachen war es schnell vorbei, als die letzte Etappe bis zum Gipfel anstand. David mussten wir mit einem Oberschenkel-Krampf am "Basislager" zurücklassen. Wenn man bei einem Neigungswinkel von knapp 45Grad mit jedem Schritt einen Meter im Schnee versinkt, kriegt man das blanke, kalte Kotzen. (man möge mir diesen Ausdruck verzeihen).
Allein der nahe, rufende Gipfel hält einen da noch bei der Stange.
Heiko&Aggj waren schon auf und davon, ich kämpfte mich alleine Zentimeter für Zentimeter vorwärts, einen Schritt voran und einen Meter nach unten, die Oberschenkel brannten, die Schultern schmerzten, der Puls raste und ich musste immer wieder japsend stehen bleiben.
Weiter oben wurde der Untergrund felsig, man ist zwar nicht mehr so tief im Schnee versunken, dafür lief man Gefahr, sich den Knöchel zu brechen. Also einen Schritt vorwärts, testen, ob der Stein fest ist und nicht rutschig, belasten, anhalten, nächsten Stein suchen. Die Wanderstöcke erwiesen sich jetzt als hinderlich, weil man besser auf allen Vieren nach Halt suchte. Die letzten Meter waren eine Tortur. Was mich antrieb war allein das nahe Ziel, Spaß hatte ich schon lange nicht mehr.
Und dann war ich da, nach 5 Stunden auf dem großzügigen Gipfel des Peak Furmanova, einem kleinen Gipfel im Tien Shan-Gebirge, aber für mich der Mount Everest. Und mit 3100m der höchste Berg, den ich je erklommen habe.
Auf den letzten Metern ist es empfindlich kalt&windig geworden, also rein in die schwere, dicke Winterjacke, die ich mühsam bis hierher gebuckelt hatte, Mütze auf und den besten Müsliriegel aller Zeiten verdrückt.
Nach einer halben Stunde Picknick, bei dem wir alle unsere Schätze zusammentrugen, war es vor Kälte nicht mehr auszuhalten, also schnell ein Gipfelbild gemacht...
... und hier als Beweis die nicht-vorhandene Aussicht...
...und dann gings den steilen Hang wieder hinab. Hat man hochzu mit einem Schritt 30cm bewältigt, kam man bergab mit einem Schritt gleich 2m weit, wenn man sich dazu passend in den weichen Schnee fallen ließ und kontrolliert rutschte. DAS war ein Spaß :-)
Für den letzten Teil hatten wir 1,5 Stunden bergauf gebraucht und 15Minuten zurück, um wieder an der gleichen Stelle anzukommen, wo wir David zurückgelassen hatten.
Der hatte sich inzwischen mit ein paar Locals, die zufällig mal englisch konnten, angefreundet. Und dann ging's mit großen Schritten und bester Laune trotz trüben Wetters wieder zurück.
Hatte ich eben noch Frust beim Bergauf-Klettern verspürt? Jetzt war alles vergessen, das Hochgefühl beim Erreichen des Gipfel hatte mich für alles entschädigt. Jetzt fand ich es sogar lustig, wie wir nacheinander in den immer weicher werdenden Schnee sackten (es war bereits weit nach Mittag). Immer wenn einer über den anderen lachte, sackte er beim nächsten Schritt ebenfalls ein. Und wenn man den Fuß nicht unmittelbar wieder herauszog, sondern kurz zu Ende lachte, war er schon festgefroren und man konnte sich teilweise nur auf-dem-Bauch-rollend befreien. Was für eine Freude!

Einen Teil haben wir auf dem Hosenboden-rutschend hinter uns gebracht, wo ich danach dachte, ich hätte eine ganze Hautschicht eingebüst.
Und wie man sieht, hat auch die Sonne, die zwar in der zweiten Tageshälfte verschwunden war, ihre Spuren hinterlassen:
Nach 8 Stunden erreichten wir unsere Talstation, waren alle furchtbar kaputt (naja, außer Aggj wahrscheinlich) und erzählten uns gegenseitig Geschichten, was ein jeder jetzt am Nötigsten brauchte (von Badewanne bis halbes Schwein war alles dabei).

Und nächste Woche geht's lieber erstmal wieder in die Steppe ;-)

Freitag, 9. April 2010

Hochzeitstag

Heute ist unser erster Hochzeitstag und hoffentlich der letzte, den wir getrennt verbringen.
Schon jetzt erkenn ich meinen Mann kaum wieder (die Haare sind ja jetzt alle ans Kinn gewandert ;-)
Hab Dich lieb, mein Schatz, Du bist der Größte!

Hier zur Erinnerung für alle, die dabei gewesen sind, nochmal ein Bildchen. Soviel Spaß hatten wir:

Und schau mal, Nadine, da war Tom ja -2 Wochen alt :-D

Donnerstag, 8. April 2010

Revolte in Kirgisien

Liebe alle,

die Grenze zu Kirgisien ist zwar nur 30km weit weg, aber hier in Kasachstan haben wir von den Unruhen, Schüssen und Brandsätzen auch nur aus der Zeitung erfahren.
-> siehe Spiegel-Artikel:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,687754,00.html

Also, keine Sorge, hier ist alles in bester Ordnung und auch die Deutschen, die sich gerade in Kirgisien aufhalten (man kennt sich ja hier untereinander) sind nicht weiter beunruhigt und erwarten in ein paar Tagen das Ende der Aufstände... sowas gebe es dort eben öfter mal.

Montag, 5. April 2010

Ostern in Kasachstan

Meine Praktikantin Galina hat mich heute mit traditionellen russischen Osterschätzen beglückt. Ein selbstgebackener Kulitsch (der mit der weißen Haube), Mohnkekse und ein traditionell rotes Osterei.Und bei der Gelegenheit hab ich mich gleich noch an meinem tollen neuen Arbeitsplatz fotografieren lassen. Viel mehr als der 1,50m Schreibtischbreite bleibt mir auch nicht zum Agieren.