Trotz des abschreckendes Bettbezugs habe ich ganz gut geschlafen. Nur morgens bei offenem Fenster wurde ich des Schlafes beraubt durch die üblichen, ländlichen Geräusche. Ich kam mir fast vor wie in einem Kinderhörspiel: Erst ruft der Kuckuck, dann bellen die Hunde, die Schafe blöken, das Pferd wiehert, der Esel i-aht und immerzu schnattern die Vogel in den Bäumen. Ab 6Uhr war an Schlaf nicht mehr zu denken.
Aber uns stand sowieso ein früher Aufbruch bevor. 2 von uns wollten einen Tagesritt in den Nationalpark machen und die 2 anderen lieber zu Fuß gehen. Svetlana hatte uns versichert, dass es eine schöne Tour gäbe, auf der sich am Ende beide Parteien treffen würden.
Zum Frühstück gab's erstmal aufgewärmte Reste vom gestrigen Abendessen. Das mag zwar gestern lecker gewesen sein (es gab hausgemachte Mante, Teigtaschen mit Fleisch-Zwiebel-Füllung), aber angesichts des vielen Fetts zum Frühstück drehte sich mir der Magen um.
Immerhin wendeten wir diesmal einen großen Topf als Lunchpaket ab und bekamen stattdessen Brot, Wurst, Dosenfisch und kalte Hühnerbeine mit.
Unsere Pferde warteten zwar an unserer Unterkunft auf uns, aber zwischendurch überlegte es sich der Ranger anders und vereinbarte, dass wir ihn am Eingang zum Nationalpark treffen würden. Also offensichtlich wieder einer, der keinen Bock auf die verabredete Tour hatte.
Nun denn, mit dem Taxi ließen wir uns zum Nationalpark bringen und dann kam er schon an mit seiner Pferdekarawane.Kritisch stellte der Ranger (übrigens ein anderer als gestern, ein junger Kerl von Anfang 20) fest, dass wir zu viert waren und er nur 2 Pferde dabei hatte. Die Leute hier können sich einfach nicht vorstellen, dass Menschen freiwillig zu Fuß unterwegs sind. Schon gestern wurden wir gefragt, warum wir uns denn keine Pferde ausleihen würden für die Erkundung des Nationalparks. Die Antwort, dass man gerne wandern würde bzw. Angst hätte zu reiten, hatte bisher keiner wirklich verstanden.
Mir wurde also Aitorro zugeteilt. Das bedeutet brauner Mond, weil er eine kleine weiße Sichel auf der Stirn hatte. Zum Glück konnte ich den Ranger noch überzeugen, die Steigbügel länger zu machen und dann fühlte ich mich den Rest des Tages eigentlich ganz wohl auf ihm. Wie ich später erfuhr, wurde Aitorro gerne zum Schafkopf-spielen eingesetzt. Das ist aber hier kein Kartenspiel, sondern eine Art Polo, wo statt des Balls ein Schafskopf übers Spielfeld getrudelt wird und Schläger gibt es auch nicht, sondern die Reiter müssten sich eben so weit vom Pferd beugen, um an den Kopf zu kommen. In der Tat war das Pferd keine müde Touristen-Schaukel, sondern reagierte gut auf meine Hilfen.
Wie sich nun herausstellte, sollten Reiter und Wanderer den gleichen Weg gehen und da es keinem Wanderer erlaubt war, sich alleine im Nationalpark aufzuhalten, mussten die Reiter in regelmäßigen Abständen auf die Wanderer warten. Mir persönlich machte das nicht viel aus, hatte ich doch dabei gute Gelegenheit die schönen Berge zu bewundern. Aber sowohl der Ranger war genervt, als auch die Wanderer, der eine wegen der Warterei, die anderen wegen der Hetzerei.
Mir egal, ich entspannte mich und ließ mich durch die Gegend schunkeln, immer ein Liedchen auf den Lippen und die Kamera gezückt.
Am Haus des Nationalpark-Aufsehers mussten wir anhalten und unsere Papiere, also Eintrittsgenehmigungen, vorzeigen.
Die Flussüberquerungen gestalteten sich diesmal angenehmer für die Wanderer. Wir konnten den Ranger überzeugen, dass er nach jedem Fluss anhielt, ich vom Pferd stieg und er die anderen beiden Wanderer trockenen Fußes über den Fluss brachte.
Der Weg war recht angenehm (für die Reiter sowieso), führte mal bergauf mal bergab, niemals aber besonders steil und ich fühlte mich wohl in der Natur. Ab und zu trafen wir auf Spuren und Hinterlassenschaften von Bären, aber am Spektakulärsten war immer das Panorama.
Aitorro und seine 2 Kumpels beim Päuschen.
Was genau nun Kishi-Kandi und Ulken-Kandi war, haben wir auf der ganzen Tour nicht herausgefunden. Eigentlich hatten wir mit Wasserfällen gerechnet (aber keine gesehen), später hab ich mich informiert und erfahren, dass der Weg, den wir langmarschierten, Kishi-Kandi heißt. Aber uns wurde bewusst, dass uns als Tagesziel keine immens schöne Sehenswürdigkeit erwarten würde. Kein Gipfel, kein Wasserfall, kein See... ein einfaches Rangerhäuschen fanden wir vor, hielten dort unsere Mittagspause und beobachteten leibhaftige Bären durch's Fernglas.
Auf dem Rückweg holte uns wiederum das frühnachmittägliche Gewitter ein, diesmal mit fiesen Hagelkörnern und Eiseskälte. Immerhin trafen wir dann aber doch noch auf einen Wasserfall.
Der Ranger hatte es nun auf dem Rückweg besonders eilig, trieb sein Pferd die ganze Zeit an, so dass mein armer Gaul, der auf den Schotterwegen bergab ganz schön "fühlig" war (also langsam und vorsichtig gelaufen ist, weil es ihm unter der Hufe unangenehm war), gar nicht hinterherkam und ich ihn immer wieder traben lassen musste. Natürlich kamen die Wanderer noch viel weniger hinterher und entsprechend lange mussten wir auch immer wieder warten. Weiß der Teufel, was in diesem Ranger vorging, er war jetzt jedenfalls noch weniger gesprächig und mürrisch und versicherte, dass er noch nie so eine anstrengende Gruppe wie uns gehabt habe. Da fühlt man sich als Tourist doch wirklich willkommen!
Nichtsdestotrotz, als sich das Gewitter langsam verzog, konnten wir wieder wunderschöne Wolkenschauspiele beobachten.
Und noch bevor wir am Ausgangspunkt unserer Tour wieder angekommen waren, kommandierte uns der Ranger runter von den Pferden, band sie wieder als Karawane zusammen und war im Eiltempo aus dem Staub.
Tja, das mit der Gastfreundschaft und Freundlichkeit liegt denen eben nicht im Blut.
Immerhin, unsere Köchin hat sich unsere Wünsche zu Herzen genommen und ein ganz und gar schweinefleischloses Abendessen zubereitet.
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