Samstag, 31. Juli 2010

Pferderennen

Vor den Toren der Stadt war heute Pferderennen angesagt. Eine durchweg kasachische Veranstaltung, wo kaum russische Gesichter zu sehen waren. Trotzdem waren alle vom Geschehen so in den Bann gezogen, dass ich kaum auffiel.
Wir kamen etwas spät und so sahen wir nur von weitem, wie das erste Rennen anfing. Geritten wurde hier natürlich ohne Sattel und um das Gewicht auf dem Pferderücken und damit die Beeinträchtigung beim Rennen so gering wie möglich zu halten, saßen oft Jungen im Alter von 6-12Jahren auf den Pferden. Die Tribüne war knackvoll, so dass uns nur ein Stehplatz direkt neben der Rennbahn blieb, der aber dafür viel näher am Geschehen war.

Nach dem ersten Galopprennen gab es zur Unterhaltung Reiterspiele. Hier musste der Junge auf seinem Pferd nah genug an ein traditionell geschmückte Mädchen herankommen, um sie zu küssen, was sie eigentlich vermeiden sollte. Wenn es ihm gelang, war er im Gegenzug auf der Flucht und sie musste versuchen, mit einer kurzen Peitsche seinem Pferd die Senge zu geben.
Danach gab es ein Pass-Rennen. Das diese Gangart nicht so bequem ist wie der Renngalopp, haben sie diesmal in Sätteln gesessen.
Die Kulisse war wunderschön, hier sieht man die sanften Hügel der Gebirgsausläufer.
Als drittes kam das Hauptrennen. Waren die anderen Rennen nur 2 Runden lang und nur mit geringem Preisen dortiert, gab es diesmal ein weit größeres Teilnehmerfeld, die Rennstrecke sollte 7 Runden à 3km sein und die Preisstaffelung war folgende:
1. Preis: ein Lada Niva
2. Preis: ein englisches Pferd
3. Preis: ein Kamel
4. Preis: 150.000 Tenge
5. Preis: eine Ziege
7 mal kam das Feld an der Tribüne vorbei und jedes Mal brüllte der Kommentator den kasachischen Anfeuerungsruf "Ahaaaaaaiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii" ins Mikrofon. Das soll auf kasachisch der Laut sein, den Pferde machen. Das Volk auf der Tribüne und auch neben uns am Rand der Rennbahn ging richtig mit, sie riefen, hüpften und jubelten. Wie beim normalen Pferderennen eben...
Hier sieht man übrigens im Hintergrund die Preise warten.
Schon nach der ersten Runde kamen einige Pferde reiterlos an der Tribüne vorbei. Noch belehrte ich als erfahrene Pferderennen-Gängerin die anderen, dass die reiterlosen Pferde disqualifiziert seien und sowieso wenig Antrieb hätten, an der Spitze mitzurennen. Dem Herdentrieb folgen, okay, aber warum soll sich so ein Pferd die Mühe machen, bei den ersten 4 Pferden mitzulaufen, wenn die anderen 70 Kumpels auch noch da sind.
Nach jeder weiteren Runde fieberte Maryam mit dem reiterlosen Pferd mit und fand es unfair, dass dieses nicht gewinnen könnte.
Nun, ich hatte mich sowohl bei den kasachischen Pferden, als auch beim kasachischen Renn-Regelwerk getäuscht.
Das Pferd hielt sehr wohl an der Spitze mit und kam am Ende als 4. ins Ziel. Und sehr wohl stand die Frage, ob es einen Preis gewinnen solle, weil es ja eine großartige Leistung gezeigt hat auch ohne peitschenden Grundschulklässler auf dem Rücken oder eben nicht, weil es mit weniger Gewicht gesegnet war, zur Diskussion. Und zwar zur Diskussion bei den Zuschauern! Doch offensichtlich waren sich alle einig: Das Pferd solle seinem Besitzer einen Preis einbringen.
Der Jubel, als letztendlich alle im Ziel waren, war riesig. Beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit die Jungs sich auf den Pferden gehalten haben, wie sie zwischendurch im Rennen miteinander gesprochen und das alles als großen Spaß betrachtet haben.
Hier einer der kleinen, offensichtlich enttäuschten Reiter:
Und dann war der Renn-Event schon vorbei. Alle bekamen ihre Preise ausgehändigt. Stolz fuhren einige mit den gewonnen Autos davon und auch eins der beiden Kamele wurde abgeführt. Hier sieht man im Vordergrund einen der Einsatzwagen, wo verletzte Reiter versorgt wurden.
Hinterher gab es aber auch noch viel zu schauen. z.B. berittene Polizisten, die, offensichtlich gelangweilt, Kunstückchen auf ihren Pferden vollführten.
Ob zu Pferd oder zu Fuß, eine rege Betriebsamkeit herrschte auf dem Renngelände.
Für die Polizei gab's noch einen waschechten Abschluss-Appell.
Der Gewinner der Ziege wartete noch auf seine Kumpels.
Die Zusatzstühle wurden sinnvoll zusammengestapelt :-)
So manch einer übte sich noch auf seinem Pony, das geduldig sinnlos durch die Gegend trappeln musste und wahlweise mehrere Jungs trug.
Und als genug Leute versammelt waren, ging's der Ziege an den Kragen.
Nach kasachischer Art wurde sie vor Ort geschächtet, enthauptet und mit dem Kadaver wurde eine Art Polo gespielt. Ein Reiter klaubt den Kadaver vom Boden auf und versucht ihn in Richtung eines Tores zu schaffen, während die anderen Reiter versuchen, ihm diesen Kadaver zu entreißen und ihrerseits in ein Tor zu bringen. Eine ziemlich unappetitliche Sache, die ich allerdings auch schon im Fernsehen als Live-Übertragung gesehen hab. Ein echter Nationalsport hier.
Nach dem Rennen waren alle Besucher zu einem Festessen in einem Jurtendorf neben der Rennstrecke eingeladen. Angeblich hatte ein naher Verwandten des kasachischen Präsidenten Naserbajev das Hauptrennen gewonnen und ließ nun alle an seinem Triumph teilhaben. Nette Geste, aber woher wusste der das vorher?
Besonders die improvisierten Waschbecken ohne Wasserleitungsanschluss haben mich fasziniert.
Wir saßen an einer langen Tafel voller Plov (Reis mit Möhren und fettigem Hammelfleisch), gebackenen Teigtaschen, Brot, Keksen, Schokolade und Frischobst und ließen es uns schmecken. Da kann diese riesige Präsidentenfamilie ruhig öfter mal ein Rennen gewinnen ;-)
Die Mädels (Maryam & Claudia) und ich.

Sonntag, 18. Juli 2010

endlich: Peak Kumbel

Schon 2mal anvisiert und bisher noch nicht erklommen, hat dieser Peak Kumbel schon ziemlich an mir genagt. Diesmal schaffte ich es, Maryam davon zu überzeugen, dass wir es bei frühem Start und ohne abendliche Verabredung versuchen sollten und so ging es mal wieder morgens um 8 zur Bushaltestelle, um mal wieder mit 50Leuten dichtgedrängelt in die Berge zu fahren und mit einem Pulk von 20 Leuten auszusteigen und mal wieder den bekannten Weg über Wiesen, durch Wälder, über die Picknickwiese Kokschelau an den Hang zum weiteren Aufstieg zu Kumbel, der laut neuesten Aussagen gar nicht mehr 3600m sondern 3400m haben soll.
Das Wetter war bester Laune, sehr warm, sehr sonnig, kaum windig und deshalb umkreisten uns auch unentwegt aufsässig brummende Fliegen, die sich nur dank Autan nicht auf der lecker salzigen Haut niederließen.
Die Aussicht war mal wieder hinreißend:
Trotz aller Sonne lag immernoch ein bisschen Schnee in der Gegend herum.
Und trotz aller Qualen, vor allem auf dem letzten sehr steilen, sehr unwegsamen Stück, hatten wir in 5,5 Stunden den Gipfel erreicht...
...und wir belohnten uns mit leckeren Sandwiches und einem gediegenen Mittagsschläfchen mit Sonne im Gesicht und wegen der windigen Höhe gar keinen Fliegen mehr.
Nach 1 Stunde bemerkten wir, dass der einzige Fleckchen blauen Himmels der direkt über uns war und ringsum näherten sich bedrohlich die Wolken, von oben und von unten.
Und wie es der Wettergott so möchte, fing es alsbald beim Abstieg an zu gewittern, dass mir himmelangst wurde und wir uns an ein paar Felsen versteckten, um nicht höchster Punkt für frisch eingetroffene Blitze zu sein.
Bald konnten wir aber weitermarschieren, bis sich der Regen zu uns gesellte und wir die nächsten 3 Stunden im andauernden starken Pladderregen regelrecht rannten. Ziemlich schnell rannen mit uns Sturzbäche auf den Wegen entlang talwärts und immer wenn ich dachte, dass der Regen stärker kaum sein könnte, hat der da oben noch ein bisschen mehr aufgedreht und mich eines besseren belehrt. Die Sicht war gleich Null, wir folgten mit starrem Blick nach untem dem Pfad. So langsam waren die Hosenbeine duchnäßt, achwas Hosenbeine... die ganze Hose war klitschnass, dann auch die Unterwäsche. Die wasserdichte Jacke hat ihre Grenzen ab 2 Stunden starken Dauerregens erlebt, ab dann lief mir der Regen in die Ärmel, in die Taschen, in den Kragen und auch unter die wasserdichte Hülle des Rucksacks. Aber der Marsch war noch lange nicht zu Ende. Ich platschte durch knöcheltiefe Bäche, bis die Schuhe randvoll mit Dreckwasser waren und irgendwie war alles egal, weil alles nass und ich hatte SOLCH einen Spaß. Dummerweise hatte Maryam nicht halb so viel Spaß, 1. wegen weniger guter Ausrüstung (keine Regenjacke, keinen Regenschutz für Rucksack) und 2. weil sie alle paar Meter ausrutschte und sich im Schlamm kugelte und ich darüber so einen Lachanfall bekam, den sie mir wirklich übel nahm.
Wir versöhnten uns erst weiter unten im Tal wieder, als auch ich meine Haltung verlor und auf dem nassen Hosenboden ca. 2m im Schlamm bergab rutschte, bis ich mich an irgendetwas festhalten konnte. Danach sahen wir beide aus wie Ausgeschissen (ähem) und obwohl ich es immernoch lustig fand, riss ich mich zusammen und wir stiegen den restlichen, matschigsten aller Hänge im Schneckentempo nach unten, gelegentliche In-den-Schlamm-setzer inbegriffen.
Da wir befürchteten, nicht in den Bus steigen zu dürfen, wie wir aussahen, setzten wir uns nach Ende des Regens im Tal in einen Fluss, um wenigstens nur nass und nicht so sehr dreckig auszusehen. Natürlich hatte es entsprechend abgekühlt auch in der Stadt und wir schlotterten nur so vor Kälte.
Trotzdem ließen wir es uns nicht nehmen, direkt in einem schicken Restaurant einzukehren und uns mit frischen Sachen von Claudia, die wir dort trafen, einzukleiden.
Hach, diese Natur ist doch wirklich liebreizend!

Sonntag, 11. Juli 2010

noch mehr Almaty zu zweit

Nach so viel Natur lag für den Rest der gemeinsamen Woche noch etwas Stadtleben vor uns. Wir gingen jeden Abend schick essen.
Hier im Usbekischen Restaurant "Alasha", wo es bei einer aufkommenden Brise gleich einen originalgetreuen Umhang gab und im weiteren Verlauf des Abends Bauch- und Seiltanz im Innenhof.
Am nächsten Tag waren wir beim Inder "Namaste", allerdings indoor und ohne Tanz, daher auch ohne Fotos. Das Essen war aber ausgezeichnet und wir haben zu dritt (mit Heiko) 2 Vorspeisen und 5 Hauptgänge verputzt.
Dann gab es noch verschiedene sowjetische Denkmäler zu begucken, vor denen sich eine Hochzeitsgesellschaft nach der anderen aufgestellt hatten und wir in unseren sommerlichen Outfits direkt fehl am Platze wirkten.
Durch Zufall entdeckte ich, dass das große goldene Tor zum "Park zu Ehren des 1. Präsidenten Kasachstans" seine Pforten geöffnet hatte und wir genossen den pompösen neuen Springbrunnen im Testmodus (mal an, mal aus) mit klassischer Musik-Untermalungen und weiteren zahlreichen Hochzeitsgesellschaften.
(im Dunkeln ist der Springbrunnen fast noch beeindruckender)
Und zum Ende der gemeinsamen Zeit gingen wir auf die Dachterasse der Brauerei Ultra's, wo es eine Platte mit 4 Köstlichkeiten vom Pferd gab (naja, köstlich fand ich davon nur 1 Sorte und das, was aussah wie Darm-Aufschnitt haben wir auch besser liegenlassen)
Aber wir konnten wunderschön zusehen, wie die Wolken kamen und gingen, die Berge im Sonnenlicht erstrahlten oder ganz verschwunden waren, von ferne mein Mega Center aufblinkte oder in Wolken gehüllt war und wir selbst mal nass, mal trocken wurden.

Und dann war die gemeinsame Zeit schon rum und obwohl wir uns schweren Herzens wieder trennen mussten, konnte ich bei soviel Begeisterung von Thomas' Seite wirklich stolz sein auf "meine" Stadt.

Dienstag, 6. Juli 2010

Abschied von Kolsaj

Die vergangene Nacht war zwar auch kalt, aber dank Schlafsack-Tausch etwas erträglicher für mich. Leider hatte uns heute weder die Sonne besonders verwöhnt noch ein ausschweifendes Frühstück, denn da wir noch viel vorhatten, mussten wir allmählich unsere Sachen zusammenpacken.
Mit kaum merklich weniger Gepäck, aber wesentlich ausgeschlafener und diesmal bergab ging's dann wieder zurück Richtung See Nr. 1
4-blättriges Kleeblatt gefunden... ich Glückspilz!
Nach nur 2 Stunden entspanntem Wandern war er plötzlich schon wieder da, der erste See.
An dem mussten wir aber noch eine gute Stunde entlang laufen und dann, endlich, hatten wir den Parkplatz erreicht.
Die letzten Meter:
Am ersten See schien es nur Regen zu geben, sowohl bei unserer Ankunft vor 2 Tagen, als auch beim Abschied regnete es, war trüb und wolkenverhangen.
Auf dem Rückweg durch die Steppe konnten wir erstaunliche Wolkengebilde, dunkelblauen Himmel und aufregende Unwetter beobachten.
Und weil es grad so günstig auf dem Weg lag, machten wir noch einen Zwischenstop bei einem alten Bekannten von mir: dem Charyn-Canyon. Der treue Leser mag sich erinnern, dass ich auch dort auf meiner ersten Tour im März bereits war und Zeuge eines Schneesturms im sonst so wettermäßig begünstigten Canyon wurde. Auch diesmal allerdings drohten von allen Seiten tiefe schwarze Wolken, es wehte ein starker, warmer Wind, aber wenigstens war die Aussicht diesmal besser.
Und, weil er es so gut kann, hier nochmal ein Bild vom Meister aller Hüpf-Posen:
Nach einer Stunde Hüpfen und Durchwehen-lassen, fuhren wir weiter gen Almaty, natürlich nicht, ohne zwischendurch nochmal in Bayseit das leckerste Brot der Welt einzupacken und kurz vor Almaty einen großartigen Ausblick auf Peak Talgar, den höchsten Gipfel der Umgebung zu erhaschen.
(rechts im Bild, der weiße, der sich hinter den Wolken versteckt)
Erst gegen 9 erreichten wir unser ZuHause, nachdem wir noch alle anderen heimgebracht hatten und einkaufen waren und so fielen wir frisch geduscht und totmüde in ein sauberes, gemütliches Bett.