Bilder hab ich keine, dafür ein paar unterhaltsame Stories.
- Sports Klub
Also machten wir uns eines Samstagabends um 12 auf zum Sports Klub, einem Gelände, was aussah wie ein gepflasterter Schulhof mit Bänken und kleiner DJ-Bühne, Babuschkas hinter der Theke und Plastebechern für die Getränke. So ein richtig grauenhafter Studentenclub eben. Er war sehr übersichtlich gefüllt und so holten wir unsere Getränke, setzten uns auf eine Bank und erzählten. Nicht lange dauerte es, bis der erste junge Russe (keine Kasachen in dieser Kaschemme) sich ein Herz fasste und uns auf russich fragte, ob er sich zu uns setzen kann. Keine Chance, war unsere abwehrende Antwort, auf englisch, denn ich kann nicht und Maryam mag nicht russisch sprechen. Wenig später kam Nr. 2 mit einer plumpen Anmache und als auch dieser sich trollte, kam Nr. 1 wieder mit einem Kumpel, der in gebrochenem englisch sagte, sein Kumpel hätte nicht genau verstanden, was wir gesagt hätten. Und da wurde ich sehr deutlich, hab gesagt, wir wollen nur in Ruhe hier sitzen und er solle sich vom Acker machen. Und was sagt der Russe? Okay, nickt höflich, als hätte er eine Bestellung aufgenommen und zieht seinen Kumpel weg. Ha, dachten wir, das hätten wir erledigt.
Leider zu früh gefreut. Alsbald machte in dem übersichtlichen Laden die Kunde von den 2 Ausländerinnen die Runde und da viele die Gegenwart von Ausländern nicht gewohnt sind und schon gar nicht in SO einem Club, waren wir plötzlich DIE Attraktion des Abends. Jeder wollte sich zu uns an den Tisch setzen und unsere eilends herbeigerufene männliche Verstärkung (Falk) entpuppte sich als wenig hilfreich, da er viel zu höflich war, die Jungs, alle im zarten Anfang-20er-Alter, anzuschnauzen. So waren wir nun für den Rest des Abends von 6-8 sturzbetrunkenen Russen mit vernebeltem Blick, wankendem Gang und Vodka-Flasche in der Hand umgeben. Wo wir nun keine Wahl hatten, redeten wir also auch russisch mit ihnen, denn die Auswahl derer, die englisch sprachen, war sehr gering. Ich wendete meine frischgebackenen Russischkenntnisse an und begeisterte sie mit meinem Akzent. Unsere Gespräche drehten sich pegel-bedingt allerdings immer um das Gleiche: Wo kommt Ihr her, was macht Ihr hier, gefällt Euch Almaty? Also das, was ich auch schon jedem Taxifahrer in dieser Stadt erzählt habe. Zwischendurch nahmen die Jungs immer einen Schluck Vodka aus der Flasche und einen Schluck Cola aus einer anderen Flasche hinterher. Mixgetränk auf Russisch ;-)
So richtig zurechnungsfähig war keiner von denen und bestimmt konnten die sich alle am nächsten Tag nicht mehr an das Gespräch erinnern, aber irgendwie hatten wir dann doch unseren Spaß, mussten ab uns zu mal laut werden, weil der eine oder andere uns etwas zu nah gekommen ist, aber sonst hatten wir bis die Morgendämmerung hindurch bis halb 6 beim Rausschmiss gute Unterhaltung.
Achja und die Musik... die war in der Tat rockig, internationaler und russischer Rock im stündlichen Wechsel. Frauen waren auch da, aber die schienen noch mehr dem Vodka verfallen zu sein, tanzten entweder trance-artig im Raum herum oder hingen hingebungsvoll an einem der Kerle, die nicht gerade an unserem Tisch saßen.
Die Russen sind schon ein putziges Völkchen.
- Catch the flight
Stellt Euch dann vor, Ihr erwacht morgens, macht ein Krakenauge halb auf und grübelt kurz, wie es um 3 schon so hell sein kann, macht das Handy an und erstarrt beim Anblick der Uhrzeit: 4:44Uhr!!!
Eine Stunde vor Abflug und ich hatte noch nicht eingecheckt (geht online nicht in Almaty), also hätte ich genau JETZT am Flughafen sein sollen!
PAAAAAAAAAAANIK!
Maryam angerufen, von der ich wusste, sie hat ihr Handy immer an.
Sie gebeten, das Taxi nochmal zu bestellen.
Mit einer Hand angezogen, Rucksack aufgesetzt.
4:54Uhr Haus verlassen.
Taxi kommt nicht nochmal (waren beleidigt, hatten vergeblich auf mich gewartet um 3:45Uhr und ich hab mein Handy schließlich nachts aus)
Auf Straße gestellt, illegales Taxi angehalten (ein Glück waren um die Zeit Autos unterwegs!)
Doppelten Fahrpreis geboten, auf russisch Dringlichkeit gestammelt.
5:04Uhr losgefahren, wegen hoher Polizeipräsenz keine Überschallgeschwindiglkeit möglich
5:30Uhr Flughafen erreicht.
Laut "Riga" brüllend in die Vorhalle gerannt, Leute weggeschubst, Gepäckscanner ignoriert.
Kein AirBaltic-Schalter zu finden...
Laut "AirBaltic" brüllend zu offiziell aussehendem Typen gerannt, der sagte erst "Gate closed", dann wies er auf einen Anzugtypen, der da in der Gegend rumstand.
Anzugtypen nach AirBaltic gefragt. "Gate closed"
Immerhin sprach er englisch, er war der AirBaltic-Repräsentant. Neben ihm noch 1 Geschäftsmann und 1 Frau&Kind, auch wartend.
Gebettelt: "пожалуйста, пожалуйста..."
Mann ging ans Telefon... Vielleicht wird nochmal geöffnet.
Hoffnung
Mann geht wieder ans Telefon... Nee, doch nicht
Verzweiflung
Offiziell aussehende Frau kommt von irgendwoher... Gate vielleicht doch nochmal auf
Hoffnung
Offiziell aussehender Mann kommt hinzu... Nee doch nicht
Verzweiflung.
Diskutiert, versucht zu bestechen, keine Chance.
Anscheinend waren 4 Nachzügler dann aber doch 1 zuviel und so wurden wir angewiesen, unser Gepäck an einem Universalschalter aufzugeben.
Hoffnung
Rucksack abgelegt (erstmal richtig zugemacht)
Aufkleberrolle ging nicht
Verzweiflung
Kurzentschlossene, absolute nicht-EU-fähige Entscheidung: Nehmt Euer Gepäck mit in den Flieger.
Also schnell vorgedrängelt bei Passkontrolle, bevor die sich das anders überlegen.
Vorgedrängelt bei Handgepäckscanner.
Keinem aufgefallen, dass 20kg-Rucksack kein Handgepäck ist, in dem Flüssigkeiten, Flaschen, Taschenmesser, entflammbares Deo usw. drinwaren.
Security-Dame: "Haben Sie Flaschen in Ihrem Gepäck?", "Ja, aber die da hinten...", weiter kam ich nicht, verständnisvolles Nicken, durchgewunken.
Rucksack wieder aufgeschnallt, zum Abfluggate gerannt.
Falschen Gang runtergelaufen, im Flieger nach Mokau gestanden.
Wieder hoch, nächsten Gang runter, im richtigen Flieger gelandet, 200 wartende Passagiere.
Uhrzeit 6:00Uhr, Puls 180, Adrenalinspiegel maximum.
20kg-Rucksack in Overheadlocker geprügelt, in Sitz gesunken, ersten Atemzug des Tages getan.
Warum muss man eigentlich immer 60Minuten vor Abflug da sein? :-)
- Eine Busfahrt, die ist lustig
Mit Hilfe meiner erfahrenen Almaty-Freunde bin ich aber nun Fan des Trolleybus (=O-Bus) Nr. 9 geworden, der vom MegaCenter, wo ich wohne, bis zum Grünen Basar downtown fährt und zwischendurch an vielen wichtigen Plätzen in der Stadt hält.
Die Trolleybusse sind, wie alle öffentlichen Verkehrsmittel, alte abgelegte Fahrzeuge aus Deutschland, Russland oder vergleichsweise neue aus China. Trolleybus Nr. 9 ist aber immer alt. Drin steht ein Ticketautomat, in den wirft man 50Tenge rein und bekommt einen Fahrschein. Bei normalen Bussen muss man das Geld dem Busbegleiter in die Hand drücken.
Am Wochenende ist Nr. 9 jedenfalls auch nicht so voll und so begab ich mein Schicksal in die Hand des Busfahrers, der dem allerdings keinen hohen Wert beimisst.
Busfahrer, besonnene, verantwortungsbewusste, erfahrende Berufsfahrer? HA!
Die Busfahrer hier machen den Eindruck, als hätten sie vorher in ihrem Leben Brennholzfuhren durchs Unterholz gekarrt. Alte Omas fallen im Minutentakt um wegen der starken Beschleunigungs- und Bremsmanöver. Kurven werden auf 2 Rädern genommen, anderer Verkehr wird ausgebremst, Fußgänger angehupt, obwohl sie grün haben und bei Annäherung an eine Haltestelle werden im Fahren die Türen aufgeklappt und wer den Absprung nicht schafft, muss eben weiterfahren.
So manch ein Busfahrer scheint auf der Flucht zu sein, gerade eine Bank ausgeraubt zu haben oder Flüchtlinge über eine Grenze bringen zu wollen.
Manchmal verlieren die Bügel den Kontakt zur Oberleitung. Dann bleibt der Bus stehen (mit Vorliebe mitten auf der Kreuzung), der Busfahrer steigt aufs Dach, richtet den Bügel wieder aus und dann gehts weiter. Einmal allerdings scheint ein bisschen mehr passiert gewesen zu sein. Plötzlich regnete es Blätter, als ob die Bügel die Bäume über uns rasiert hätten. Der Bus blieb stehen, der Busfahrer brüllte was durch den halbvollen Bus, keiner regte sich. Ach doch: alle Männer (es waren 3 anwesend und 20 Frauen+Kinder) mussten aussteigen und den Bus anschieben, während die Frauen und Kinder drinne sitzen blieben. Hat man das schonmal gesehen? Das ist doch mal eine Rollentrennung. 2 der 3 Herren waren Rentner, einer war mit seiner Enkelin, die er dann kurzerhand einer anderen Passantin anvertraute, während er beschäftigt war. Es dauerte ca. 20Minuten, bis alles gerichtet war und dann ging die Fahrt unverändert weiter.
Busfahren, immer ein Abenteuer wert.
- Die Feiertagsregelung
1 Woche vorher hat sich nun der Herr Präsident geäußert: Am Samstag wird gearbeitet und dafür haben alle am Sonntag, Montag und Dienstag frei.
Für mich optimal, so können wir Sonntag bis Dienstag unsere geplante Wanderung machen.
- я люблю алматы - I love Almaty
Sondern, weil jeder Tag ein Abenteuer ist.
Es ist Sommer, jeder Tag ist warm, die Stadt ist grün, es gibt viele Draußen-sitz-Restaurants, ich kenne tolle Leute, mit denen man viel unternehmen kann, ich gehe fast jeden zweiten Tag nach der Arbeit irgendwo mit ihnen essen.
Aber, bei jeder Interaktion mit den Einheimischen, ob im Taxi, im Bus, im Restaurant, im Park, im Supermarkt oder im Club, erlebt man eine skurile Situation. Sie sind nie, wie man es erwartet, schon gar nicht so, wie man es von zu Hause kennt. Sie machen jede Begegnung erzählenswert. Und wenn man denkt, man hat schon alles gesehen, hat wieder ein Kellner eine so ausgeprägte unfreundliche Ader, dass man denkt, dass das nicht zu toppen ist.
Schockieren tut mich hier schon lange nichts mehr, ich hab meinen Frieden mit all den Unzulänglichketen gemacht und kann nur noch drüber lächeln. Wozu aufregen? Wozu schimpfen? So sind die Menschen hier und so kommen sie durch's Leben, ob das mir Westler gefällt oder nicht. Hier muss Servicepersonal nicht freundlich und zuvorkommend sein, hier dürfen Kinder alles und kein Erwachsener schreitet ein, hier darf Essen aus Fett&Knochen bestehen, hier dürfen Busfahrer Psychopathen sein und Taxifahrer müssen gar keine Taxifahrer sein.
Deutschland kommt mir nun langweilig und viel zu einfach vor. Einkaufen, wo einen die Kassiererin versteht? Busfahren, wo man einen Sitzplatz bekommt? Taxifahren und einen horrenden Betrag nach Taxameter bezahlen? Essen gehen ohne stundenlanges Karte-entziffern?
LAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAANGWEILIG!
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