Unsere Unterkunft im Nationalpark hätte kaum einen größeren Kontrast zum Vortag bieten können. Diesmal waren wir in einem Hotel untergebracht, das mit neu hergerichteten Badezimmern aufwartete. Auf dem Flur zwar, aber immerhin im gleichen Gebäude. Das gestrige Abendessen war liebevoll zubereitet (wenn auch mal wieder Plov) und hat ganz gut geschmeckt. Auch das Frühstück war vielfältig. Bei jeder Mahlzeit dabei: in Fett gebackene viereckige Teilchen. Bei keiner Mahlzeit dabei: Messer. Hat schon mal jemand versucht, die Butter auf seinem Frühstücksbrot mit einer Gabel zu zerdrücken?
Ich hatte eine wunderbare Dusche und eine ruhige Nacht, obwohl sie diesmal für meinen Geschmack zu warm war. Zum Frühstück präsentierte sich das Wetter vielschichtig: auf der einen Seite war der Himmel blau, auf der anderen Seite wolkenverhangen. Es blieb also spannend. Des Weiteren erfuhren wir, dass zum heutigen Höhepunkt des Nauryzfestes das ganze Dorf auf den Beinen sein sollte und es Essen, Musik und Tanz für alle gäbe. Ich war ganz Ohr. Wann hat man schon mal die Gelegenheit ganz nah an einem Dorffest dabei zu sein? Ich wollte sehen, wie der Hammel geschächtet wird, wie die Menschen sich mit Wodka zuprosten und zu wilder Musik tanzen. Leider war Sascha in seiner Tagesplanung nicht sehr flexibel, faselte etwas von „langer Weg vor uns“ und hatte offensichtlich kein großes Interesse an Feierlichkeiten. Wir konnten ihn überreden, wenigstens einen Blick auf den Ort des Geschehens werfen zu dürfen, bevor wir abfuhren. Wir kamen auf einen hinterhofartigen Platz, auf dem am Rand Gemälde von Tieren des Nationalparks und ein paar ausgestopfte Exemplare ausgestellt wurden. Daneben mussten wir erstmal postieren, weil die Nationalparkleitung gerne ein paar Bilder von westlichen Touristen im Park haben wollte. Viele Menschen waren noch nicht anwesend, auf einer Bühne probte eine Band bei ganz furchtbar zu laut eingestelltem Mikro und ganz viele Kinder unterschiedlichen Altes flitzten umher. Alle waren sie schick angezogen, hatten bunte Schleifen im Haar und sahen so gar nicht ärmlich oder dörflich aus. Klar, die Sachen waren sicher alle billig aus dem nahen China importiert, aber sei’s drum. Die Kinder und auch die Erwachsenen hätte ich von einer Stadtbevölkerung nicht unterscheiden können. Die Hauptattraktion aber waren wir. Von überall her kamen neugierige Kinder, ließen sich bereitwillig fotografieren und blickten dann erstaunt auf die Bilder in der Kamera. Alle waren sie fröhlich und ausgelassen. Nur die Verständigung war schwierig. Als echte Kasachen sprachen sie nicht einmal mehr Russisch. Während die Eltern noch in Sowjetzeiten Russisch in der Schule lernen mussten, gibt es diesen Zwang nun nicht mehr. Ganz im Gegenteil: die Regierung Kasachstans (also der Herr Nazarbajev) fördert ganz bewusst die kasachische Sprache und versucht die Vorherrschung des Russischen abzulösen. Russisch war einfach nicht mehr in. Vielleicht lernten die Kinder nun eher Chinesisch in der Schule? Immerhin konnten die Nationalpark-Funktionäre Russisch und so verabschiedeten sie uns mit großem Dank (ßbassiba balschoi) und guten Wünschen.
Als ich wenig später aufgrund eines uns entgegenkommenden Pferdetransporters auch noch erfuhr, dass zum heutigen Feiertag ein großes Pferderennen angesetzt war, war ich endgültig mit dem Arsch rum und verfluchte meinen russischen Guide, der ja unbedingt im Hellen nach Hause fahren wollte. Was interessieren mich irgendwelche ollen Felszeichnungen (unser heutiges Zwischenziel), wenn ich bei einem Frühlingsfest mit Pferderennen in einem abgelegenen Dorf so richtig in das kasaschische Leben eintauchen könnte? DAS sind doch Erlebnisse die man nie vergisst!
Aber nein, wir schoben uns bei schönstem Sonnenschein einen Pass entlang, den angeblich schon Dschingis Khan seinerzeit allerdings ohne 4WD-Bus bewältigt haben soll. Hier war alles noch tief verschneit, selbst die Straßen waren mit dicker Eisschicht überzogen und so fuhren wir langsam durch die Berge und mir blieb nur, mich zu ärgern und aus dem Fenster zu gucken.
Kühe schlabbern Schmelzwasser vom Asphalt:
Wir fuhren und fuhren, kamen aus den Bergen in die immer weniger verschneiten Ebenen, hielten kurz zum Tanken, fuhren weiter und weiter, erblickten den großen Stausee Kapschagai, bogen aber in die andere Richtung ab, wenig später auf eine unbefestigte, arg zerpflügte Straße, auf der man wieder nur 20km/h fahren konnte und es wurde Mittag und dann Nachmittag und ich wurde immer ungeduldiger. Was saß ich denn hier in diesem blöden Auto? Hab ich denn tatsächlich so eine Rentnertour gebucht, in der man nur an allem vorbeifährt? Ging nicht das Sprichwort: Was man nicht zu Fuß erwandert hat, das hat man nicht gesehen? So hätte ich mir auch einen Film anschauen können und hätte danach genauso viel von Kasachstan „gesehen“ wie aus dem Auto heraus. Ich will doch die Landschaft erleben und nicht nur angucken! Ich fing an, den ganzen Trip und Saschas fehlende Flexibilität zu verfluchen. Dann kamen wir wieder mal am Ile-Fluß an, an dem es an dieser Stelle hohe Kletterfelsen und uralte Felszeichnungen zu sehen gab. Sobald das Auto angehalten hatte, stürzte ich hinaus und verschwand in Richtung Kletterfelsen und schwor mir, in den nächsten Stunden nicht wieder dort einzusteigen. Ich kraxelte im Eiltempo auf eine Anhöhe und dort erst konnte ich einen ersten entspannten Blick auf die wunderschön hügelige Landschaft am anderen Flussufer werfen, die fast irisch wirkte.
Ein paar Leute hatten im wahrsten Sinne des Wortes ihre Zelte aufgeschlagen, einige kletterten an Seilen am Felsen entlang, überall war Frühlingsstimmung, schließlich war heute Feiertag für alle und die Sonne schien, was das Zeug hielt. Mir ging es allmählich besser. Was für ein phantastischer Ausblick! Ich kletterte noch ein wenig auf der Anhöhe herum, stieg dann für eine andere Perspektive wieder ab und lief prompt Sascha in die Arme, der meinen Unmut nicht mitbekommen zu haben schien und der mir unbedingt die blöden Felszeichnungen zeigen wollte. Okay, es war ein uralter Buddha. Hui. Toll, darf ich jetzt weiterlaufen?
Immer noch gut gelaunt wollte mir Sascha einen besonders tollen Ausguck zeigen und so kraxelten wir gemeinsam auf einen der Kletterfelsen, allerdings von hinten, wo man nicht klettern, sondern laufen konnte. Naja, was soll ich sagen? Von da oben war es natürlich wirklich besonders schön. Ich war etwas versöhnt, erzählte aber Sascha von meinem Unbehagen. Aber was hätte er auch machen sollen, Programm ist Programm.
Schicksalsergeben pflanzte ich mich danach wieder ins Auto und ließ mich den Rest des Tages mit kurzem Zwischenstopp zum Schaschlik-Essen nach Almaty kutschieren. Unterwegs nahmen wir noch Vater&Sohn mit im Auto mit, die auf dem Weg zu einem Nauryz-Fest in der „Nachbarschaft“ waren. Da Nachbarschaft aber nichts mit Nähe zu tun hat und wir sie allein in der Pampa antrafen, nahmen wir sie mit. Der Vater trug eine eigenartige Mütze und beim Gespräch stellte sich heraus, dass er Kirgise war und seine festliche Kirgisenmütze trug. Sein ca. 5jähriger Sohn hatte zwar auch eine, aber leider zu Hause vergessen. Da er, der Vater, also hier in Kasachstan eine Uigurin geheiratet hatte, wurde der Sohn mehrsprachig aufgezogen. Obwohl er bei uns im Auto kein Wort sagen wollte, sprach er angeblich kirgisisch, uigurisch und kasachisch. Na, dachte ich, hoffentlich bringt das dem Jungen mal was.
Auf einer langen Ausfallstraße, die einzige, die Almaty mit dem Norden des Landes verband, kamen wir wieder in die Stadt, was man schon daran merkte, dass sich die Plakate mit dem freundlichen Antlitz des Herrn Nazarbajev häuften und immer wieder für sein Programm Kasachstan 2030 geworben wurde. (Offensichtlich haben die ehrgeizigen Kasachen kein geringeres Ziel, als in 20 Jahren zu den 10 reichsten Ländern der Welt zu gehören).
Wir wurden alle von Sascha bis vor die Haustür gebracht und verabschiedeten uns mit vielem Danke und „bis zur nächsten Tour“.
Fazit: Die Steppe: wahnsinnig interessant und abwechslungsreich und auf ihre Art wunderschön. Die Tour: Bitte nicht noch mal SO.
Montag, 22. März 2010
Sonntag, 21. März 2010
Meine Steppenerfahrungen: Sonne, Sand und super Aussicht
Nach einer unruhigen Nacht in einem kalten, hellhörigen Holzhaus habe ich meine Morgenhygiene am provisorischen Waschbecken vorgenommen (das Wasser kaum aus dem Fluss, das Abwasser wurde in einem Eimer aufgefangen). Das Gute daran, wenn einem immer kalt ist, ist, dass man nix vollschwitzen kann und sich selbst nach einer Nacht in Klamotten frisch fühlt. Trotzdem war später im Auto irgendein unangenehmer Geruch anwesend...
Wir nahmen einen Familienangehörigen der Vermieterfamilie mit, den wir später auf dem Markt im nächsten Ort ansetzten. Vielleicht ist deshalb die Übernachtung im Nachhinein so preiswert gewesen.
Erstmal jedoch ging's zum größten und ältesten Baum im Eschenwald, der soll um die 500 Jahre alt sein:Nun stand uns eine lange Fahrt zum Nationalpark bevor, die wir jedoch durch gelegentliche Fotostops unterbrachen. Viele Fotos sind jedoch aus dem Auto heraus erstanden, weshalb man oft noch die Spiegelung der Windschutzscheibe sieht. Das Wetter war anfangs noch trüb und bedeckt, sollte sich aber im Laufe des Tages aufklaren und in einem wolkenlosen Sonnenuntergang enden. Ganz wie Sascha es vorausgesagt hatte. Aber der Reihe nach. Offenbar ist sonntags Markttag (wenn nicht sogar jeden Tag). Überall an den Straßen begegneten wir Menschen mit Transportmitteln, die Lebensmittel oder Tiere zum nächsten Ort verhalfen. So auch dieser putzige Eselskarren. Zu Fuß wäre der Mann eindeutig schneller gewesen, aber offensichtlich hatte er eine volle Ladung Hausstand dabei und so konnten sich die Eselchen nur in Minischritten vorwärts bewegen.
So nah an der chinesischen Grenze (nur 40km weit weg) ist das kasachische Militär überpräsent. Überall laufen Leute in grünem Camouflage herum, es gibt große Kasernen und diese überdimensionierten Lauscher:
Unseren ersten Zwischenstop hatten wir an dieser wunderschönen Spiegelung.
Dann hat uns Sascha am Anfang der Brücke über den Ile-Fluss rausgelassen und am anderen Ende wieder eingesammelt. Es war zwar immernoch kalt, aber die Sonne zeigte sich immer häufiger, die Aussicht war phänomenal weit und die kleinen plüschigen Wolken rundeten das Bild ab. Begeistert sprang ich auf der Brücke von einer Seite zur anderen. Okay, das Wasser war schmutzig grau, ebenso wie die Vegetation. Aber das war nunmal nicht zu ändern. Ich finde auch so hat die Landschaft ihren Reiz gehabt.
Hier sieht man im Hintergrund die Berge des "Dschungarischen Alatau", ein fast unberührtes Gebirge, das sich bis zu 4000m hoch erhebt. Den meisten ist wahrscheinlich nur der Dschungarische Zwerghamster bekannt, den man als Haustier halten kann. Hier jedenfalls wohnen seine Brüder und Schwestern.
Tja, nicht viel Möglichkeiten, wo man seine Kamera auf einer Brücke postieren kann. Da behält man sie doch lieber in der Hand ;-)
Am östlichsten Punkt unserer Reise, dem Dorf Koktal (25km von der Grenze entfernt, näher dürften wir ohne spezielles Visum jetzt auch nicht heran) wurde stilecht ein junger Bulle zum Schafott... ähh... auf den Markt geführt.
Hier wiederum ziehen 2 Esel einen Karren, auf dem 2 Menschen hocken, 2 Schafe liegen und 2 Jungrinder angebunden sind. Ein Mensch hat zum Glück Erbarmen.
Wir fuhren unendlich lange durch eine mineralhaltige Mondlandschaft, rechts am Autofenster hatten wir immer die Dschungarischen Berge, selbst weidende Tiere sah man hier wenig. Als Sascha anbot, er könnte jederzeit anhalten, wenn wir etwas genauer ansehen wollten, ließen wir uns das nicht zweimal sagen und hielten auf offener Strecke ohne erkennbare Sehenswürdigkeit einfach an, um uns mal die Beine zu vertreten, inzwischen war es schließlich fast Mittag. Immer wieder am Straßenrand auf einer Anhöhe waren Statuen von einheimischen Tieren zu finden, die teilweise zwar stark verwittert waren, dennoch aber dem steten Wind standhielten. Zufällig hielten wir jetzt auch noch am Steinbock, meinem Steinzeichen.
Unwirtliche Mondlandschaft mit Wolken:
Bald darauf fuhren wir auf einer Hochebene entlang, wo sich wieder mehr Viehzeug (also Pferde, Kühe und Schafe) tummelte. Und endlich haben wir auch mal Kamele gesehen, die ja angeblich hier so häufig sein sollen, zumindest wenn man das große Angebot an Kamelmilch im Supermarkt betrachtet. Laut Sascha war es eine kleine Sensation so früh im Jahr und so nah an der Straße diese Kamele vorzufinden. Sie sind nicht wild, sondern werden zum Grasen in die Steppe geschickt, wie die anderen Tiere auch. Trotzdem sieht man sie wirklich selten.
Gegen 14Uhr erreichten wir das Dorf Basschi, dem Tor zum Nationalpark Altyn-Emel. Hier waren ziemlich viele Menschen unterwegs, schließlich war heute der erste Tag des Nauryz-Festes, des Asiatischen Frühlingsfestes, das von der muslimischen Mehrheit der Kasachen ausschweifend gefeiert wird.
Junger Kerl auf jungem Pferd, ob das gut geht?Am Office des Nationalparks mussten wir warten, bis die Damen und Herren ihre Mittagspause beendet hatten. Inzwischen waren die meisten Wolken verschwunden und die Sonne wärmte herrlich die Luft. Im Schatten war alles nach wie vor gefroren, in der Sonne schmolzen jetzt Eiszapfen und gefrorene Nasen tauten auf. Ein paar Vögel zwitscherten, gelegentlich muhte eine Kuh, die an uns vorbeizog und ich hielt genussvoll mein Gesicht in die Sonne. Von mir aus hätten die noch länger Mittagspause machen können.
Dann aber kam eine Batterie wichtig aussehende Männer in Anzügen mit Schlips (erstaunlich, wie wichtig man sich selbst in einem klitzekleinen Nest am Rande eines unbekannten Nationalparks nehmen kann), die uns das Geld für Eintritt und Hotelübernachtung abknöpften und uns einen Begleiter zur Seite stellten, der beim Besuch des Nationalparks vorgeschrieben war. Später sollte sich herausstellen, dass dieser Mensch nicht etwa dazu da war, uns durch den park zu führen und etwas zu zeigen, sondern lediglich als Aufpasser mit im Auto saß. Die Anzahl der anwesenden Personen dort im Büro zeigte aber auch, wie stolz die Leute darauf waren, dass wir uns für ihren Park interessieren. Wir waren schließlich die ersten Besucher der Saison.
Leider ohne Mittagessen ging es dann sofort los. Sascha hatte es ziemlich eilig, schließlich lag noch ein weiter Weg auf unbefestigten Wegen vor uns, bis wir uns der ersten echten Sehenswürdigkeit des Tages näherten.
Wir fuhren ca 70km mit Tempo 20-30 immer Richtung Westen. Auf der einen Seite begrenzten die Ausläufer der Dschungarischen Berge die Steppe, auf der anderen Seite auch irgendwelche Hügel. Aber das erst am Horizont. Dazwischen war wirklich alles flach, kein Baum, kein Strauch, kein Wasser. Nur Steppe. Man denkt, es sollte ein Leichtes sein, hier ein paar wilde Tiere zu entdecken, da sie ja nichts zum Verstecken hätten. Aber weit gefehlt. Wilde Esel (Kulans) und Gazellen (Dzhejrane) waren so scheu, dass sie schon davonstoben, wenn sie unser Auto nur am Horizont auftauchen sahen. Das Einzige was ich von ihnen gesehen habe, waren wackelnde Punkte im Fernglas, die sich schnell entfernten. Ansonsten war bis auf ein paar verrückte Vögel, die uns ständig vor's Auto flogen und ab und zu einem Greifvogel nix zu sehen.
Wenn man so langsam durch die Gegend fährt und das Auto auch noch immer vor jedem Huckel abgebremst wird, verliert man schnell mal die Freude an der Natur. Da war also strahlender Sonnenschein da draußen und ich saß im Auto und bequem war das auch nicht, weil man so durchgeschüttelt wurde. Und wofür das Ganze? Ich wusste nicht mal genau, was unser Ziel für heute sein sollte. Nach über 2 Stunden Fahrt erreichten wir irgendwelche komischen Grabhügel, die, ähnlich wie die ägyptischen Pyramiden, Grabkammern für wichtige Leute enthalten haben sollen. Okay, sie waren uralt, aber wirklich zu sehen gab es hier auch nix. Als dann Sascha beim Anhalten etwas von 15Minuten Fotostop erzählte, kam ich mir endgültig vor wie auf einer All-inklusive-Altchen-Rundreise.
Nagut, die Aussicht war hinreißend, die Grabhügel lagen leicht erhöht und man konnte wunderbar weit in die Steppe gucken. Zusammen mit den Wolken und den Ausläufern des Ile-Flusses sah das schon echt toll aus. Soviel Nichts... das hatte mich schon in Australien begeistert.
Nach genau 15 Minuten ging es weiter. Unser nächstes Ziel war die Singende Düne. Ein Sandhaufen in der Steppe, der sich durch die gleichmäßigen Winde seit Jahren nicht bewegt und nicht abgetragen hat. Er ist 3km lang und 150 Meter hoch. "Singen" tut die Düne allerdings nur bei bestimmten Winden im Hochsommer. Dann kann man angeblich ein tiefes Brummen wie von einem großen Schiff hören.
Okay, Hochsommer hatten wir natürlich mal wieder nicht, aber am Schönsten (wie so vieles) sollte sie im Sonnenuntergang sein. Das verlangte Sascha wieder enorme Fahrkünste ab, weil es nämlich nicht mehr lange bis zum Sonnenuntergang war, wir aber noch eine Dreiviertelstunde weit fahren musste. Er hat es pünktlich geschafft und diese Düne war für mich das Highlight des Tages. Sobald das Auto anhielt, stürzte ich aus der Tür und machte meinem Bewegungsmangel Luft, in dem ich kurzerhand beschloss, den Dünengipfel zu erklimmen. 150m klingt vielleicht nicht hoch, aber wenn der Sand immer lockerer wird und das Mittagessen fehlt, kämpft man schon um jeden einzelnen Schritt. Die Stimmung und die Aussicht dort oben haben mich für jede ungeduldige Minute im Auto aber mehr als belohnt. Es war absolut nichts zu hören, der Wind war kaum noch vorhanden. Ich war ganz allein dort oben und um mich rum ein paar Berge, eine Handvoll Wölkchen und gaaaaanz viel Nichts, bestehend aus Steppe. Einmalig, unbeschreiblich wunderschön, einer dieser Momente, in dem man ewig verweilen mochte.
Wir nahmen einen Familienangehörigen der Vermieterfamilie mit, den wir später auf dem Markt im nächsten Ort ansetzten. Vielleicht ist deshalb die Übernachtung im Nachhinein so preiswert gewesen.
Erstmal jedoch ging's zum größten und ältesten Baum im Eschenwald, der soll um die 500 Jahre alt sein:Nun stand uns eine lange Fahrt zum Nationalpark bevor, die wir jedoch durch gelegentliche Fotostops unterbrachen. Viele Fotos sind jedoch aus dem Auto heraus erstanden, weshalb man oft noch die Spiegelung der Windschutzscheibe sieht. Das Wetter war anfangs noch trüb und bedeckt, sollte sich aber im Laufe des Tages aufklaren und in einem wolkenlosen Sonnenuntergang enden. Ganz wie Sascha es vorausgesagt hatte. Aber der Reihe nach. Offenbar ist sonntags Markttag (wenn nicht sogar jeden Tag). Überall an den Straßen begegneten wir Menschen mit Transportmitteln, die Lebensmittel oder Tiere zum nächsten Ort verhalfen. So auch dieser putzige Eselskarren. Zu Fuß wäre der Mann eindeutig schneller gewesen, aber offensichtlich hatte er eine volle Ladung Hausstand dabei und so konnten sich die Eselchen nur in Minischritten vorwärts bewegen.
So nah an der chinesischen Grenze (nur 40km weit weg) ist das kasachische Militär überpräsent. Überall laufen Leute in grünem Camouflage herum, es gibt große Kasernen und diese überdimensionierten Lauscher:
Unseren ersten Zwischenstop hatten wir an dieser wunderschönen Spiegelung.
Dann hat uns Sascha am Anfang der Brücke über den Ile-Fluss rausgelassen und am anderen Ende wieder eingesammelt. Es war zwar immernoch kalt, aber die Sonne zeigte sich immer häufiger, die Aussicht war phänomenal weit und die kleinen plüschigen Wolken rundeten das Bild ab. Begeistert sprang ich auf der Brücke von einer Seite zur anderen. Okay, das Wasser war schmutzig grau, ebenso wie die Vegetation. Aber das war nunmal nicht zu ändern. Ich finde auch so hat die Landschaft ihren Reiz gehabt.
Hier sieht man im Hintergrund die Berge des "Dschungarischen Alatau", ein fast unberührtes Gebirge, das sich bis zu 4000m hoch erhebt. Den meisten ist wahrscheinlich nur der Dschungarische Zwerghamster bekannt, den man als Haustier halten kann. Hier jedenfalls wohnen seine Brüder und Schwestern.
Tja, nicht viel Möglichkeiten, wo man seine Kamera auf einer Brücke postieren kann. Da behält man sie doch lieber in der Hand ;-)
Am östlichsten Punkt unserer Reise, dem Dorf Koktal (25km von der Grenze entfernt, näher dürften wir ohne spezielles Visum jetzt auch nicht heran) wurde stilecht ein junger Bulle zum Schafott... ähh... auf den Markt geführt.
Hier wiederum ziehen 2 Esel einen Karren, auf dem 2 Menschen hocken, 2 Schafe liegen und 2 Jungrinder angebunden sind. Ein Mensch hat zum Glück Erbarmen.
Wir fuhren unendlich lange durch eine mineralhaltige Mondlandschaft, rechts am Autofenster hatten wir immer die Dschungarischen Berge, selbst weidende Tiere sah man hier wenig. Als Sascha anbot, er könnte jederzeit anhalten, wenn wir etwas genauer ansehen wollten, ließen wir uns das nicht zweimal sagen und hielten auf offener Strecke ohne erkennbare Sehenswürdigkeit einfach an, um uns mal die Beine zu vertreten, inzwischen war es schließlich fast Mittag. Immer wieder am Straßenrand auf einer Anhöhe waren Statuen von einheimischen Tieren zu finden, die teilweise zwar stark verwittert waren, dennoch aber dem steten Wind standhielten. Zufällig hielten wir jetzt auch noch am Steinbock, meinem Steinzeichen.
Unwirtliche Mondlandschaft mit Wolken:
Bald darauf fuhren wir auf einer Hochebene entlang, wo sich wieder mehr Viehzeug (also Pferde, Kühe und Schafe) tummelte. Und endlich haben wir auch mal Kamele gesehen, die ja angeblich hier so häufig sein sollen, zumindest wenn man das große Angebot an Kamelmilch im Supermarkt betrachtet. Laut Sascha war es eine kleine Sensation so früh im Jahr und so nah an der Straße diese Kamele vorzufinden. Sie sind nicht wild, sondern werden zum Grasen in die Steppe geschickt, wie die anderen Tiere auch. Trotzdem sieht man sie wirklich selten.
Gegen 14Uhr erreichten wir das Dorf Basschi, dem Tor zum Nationalpark Altyn-Emel. Hier waren ziemlich viele Menschen unterwegs, schließlich war heute der erste Tag des Nauryz-Festes, des Asiatischen Frühlingsfestes, das von der muslimischen Mehrheit der Kasachen ausschweifend gefeiert wird.
Junger Kerl auf jungem Pferd, ob das gut geht?Am Office des Nationalparks mussten wir warten, bis die Damen und Herren ihre Mittagspause beendet hatten. Inzwischen waren die meisten Wolken verschwunden und die Sonne wärmte herrlich die Luft. Im Schatten war alles nach wie vor gefroren, in der Sonne schmolzen jetzt Eiszapfen und gefrorene Nasen tauten auf. Ein paar Vögel zwitscherten, gelegentlich muhte eine Kuh, die an uns vorbeizog und ich hielt genussvoll mein Gesicht in die Sonne. Von mir aus hätten die noch länger Mittagspause machen können.
Dann aber kam eine Batterie wichtig aussehende Männer in Anzügen mit Schlips (erstaunlich, wie wichtig man sich selbst in einem klitzekleinen Nest am Rande eines unbekannten Nationalparks nehmen kann), die uns das Geld für Eintritt und Hotelübernachtung abknöpften und uns einen Begleiter zur Seite stellten, der beim Besuch des Nationalparks vorgeschrieben war. Später sollte sich herausstellen, dass dieser Mensch nicht etwa dazu da war, uns durch den park zu führen und etwas zu zeigen, sondern lediglich als Aufpasser mit im Auto saß. Die Anzahl der anwesenden Personen dort im Büro zeigte aber auch, wie stolz die Leute darauf waren, dass wir uns für ihren Park interessieren. Wir waren schließlich die ersten Besucher der Saison.
Leider ohne Mittagessen ging es dann sofort los. Sascha hatte es ziemlich eilig, schließlich lag noch ein weiter Weg auf unbefestigten Wegen vor uns, bis wir uns der ersten echten Sehenswürdigkeit des Tages näherten.
Wir fuhren ca 70km mit Tempo 20-30 immer Richtung Westen. Auf der einen Seite begrenzten die Ausläufer der Dschungarischen Berge die Steppe, auf der anderen Seite auch irgendwelche Hügel. Aber das erst am Horizont. Dazwischen war wirklich alles flach, kein Baum, kein Strauch, kein Wasser. Nur Steppe. Man denkt, es sollte ein Leichtes sein, hier ein paar wilde Tiere zu entdecken, da sie ja nichts zum Verstecken hätten. Aber weit gefehlt. Wilde Esel (Kulans) und Gazellen (Dzhejrane) waren so scheu, dass sie schon davonstoben, wenn sie unser Auto nur am Horizont auftauchen sahen. Das Einzige was ich von ihnen gesehen habe, waren wackelnde Punkte im Fernglas, die sich schnell entfernten. Ansonsten war bis auf ein paar verrückte Vögel, die uns ständig vor's Auto flogen und ab und zu einem Greifvogel nix zu sehen.
Wenn man so langsam durch die Gegend fährt und das Auto auch noch immer vor jedem Huckel abgebremst wird, verliert man schnell mal die Freude an der Natur. Da war also strahlender Sonnenschein da draußen und ich saß im Auto und bequem war das auch nicht, weil man so durchgeschüttelt wurde. Und wofür das Ganze? Ich wusste nicht mal genau, was unser Ziel für heute sein sollte. Nach über 2 Stunden Fahrt erreichten wir irgendwelche komischen Grabhügel, die, ähnlich wie die ägyptischen Pyramiden, Grabkammern für wichtige Leute enthalten haben sollen. Okay, sie waren uralt, aber wirklich zu sehen gab es hier auch nix. Als dann Sascha beim Anhalten etwas von 15Minuten Fotostop erzählte, kam ich mir endgültig vor wie auf einer All-inklusive-Altchen-Rundreise.
Nagut, die Aussicht war hinreißend, die Grabhügel lagen leicht erhöht und man konnte wunderbar weit in die Steppe gucken. Zusammen mit den Wolken und den Ausläufern des Ile-Flusses sah das schon echt toll aus. Soviel Nichts... das hatte mich schon in Australien begeistert.
Nach genau 15 Minuten ging es weiter. Unser nächstes Ziel war die Singende Düne. Ein Sandhaufen in der Steppe, der sich durch die gleichmäßigen Winde seit Jahren nicht bewegt und nicht abgetragen hat. Er ist 3km lang und 150 Meter hoch. "Singen" tut die Düne allerdings nur bei bestimmten Winden im Hochsommer. Dann kann man angeblich ein tiefes Brummen wie von einem großen Schiff hören.
Okay, Hochsommer hatten wir natürlich mal wieder nicht, aber am Schönsten (wie so vieles) sollte sie im Sonnenuntergang sein. Das verlangte Sascha wieder enorme Fahrkünste ab, weil es nämlich nicht mehr lange bis zum Sonnenuntergang war, wir aber noch eine Dreiviertelstunde weit fahren musste. Er hat es pünktlich geschafft und diese Düne war für mich das Highlight des Tages. Sobald das Auto anhielt, stürzte ich aus der Tür und machte meinem Bewegungsmangel Luft, in dem ich kurzerhand beschloss, den Dünengipfel zu erklimmen. 150m klingt vielleicht nicht hoch, aber wenn der Sand immer lockerer wird und das Mittagessen fehlt, kämpft man schon um jeden einzelnen Schritt. Die Stimmung und die Aussicht dort oben haben mich für jede ungeduldige Minute im Auto aber mehr als belohnt. Es war absolut nichts zu hören, der Wind war kaum noch vorhanden. Ich war ganz allein dort oben und um mich rum ein paar Berge, eine Handvoll Wölkchen und gaaaaanz viel Nichts, bestehend aus Steppe. Einmalig, unbeschreiblich wunderschön, einer dieser Momente, in dem man ewig verweilen mochte.
Samstag, 20. März 2010
Meine Steppenerfahrungen: Schneesturm, Schaschlik, schöne Schluchten
Pünktlich um 8 wurde ich von Sascha, unserem Guide für die nächsten 3 Tage abgeholt. Die Wettervorhersage hatte für Almaty nicht so besonders geklungen, aber angeblich sollte das Wetter in der Steppe ja schon ein wenig frühlingshafter sein als hier so nah an den Bergen. Wir verließen die Stadt Richtung Norden bei Regenwetter. Da der Norden als laut und unsicher galt, hatte ich mich noch nicht so weit vorgewagt. Dass, was es jetzt aus dem Autofenster zu sehen gab, inspirierte mich auch nicht gerade. Die Straße (wohlgemerkt die Hauptverbindung zwischen Almaty und China) wurde zusehends schlechter, bald gab es mehr Löcher als Asphaltdecke und wir schlängelten uns trotz 4-Rad-angetriebenen offroad-tauglichen Minivan zwischen den größten Hindernissen hindurch. Leider wurde im gleichen Zuge auch das Wetter schlechter. Wir beobachteten, wie die Temperatur auf der Anzeige im Auto fiel und die Regentropfen zu immer dicker werdenden Schneeflocken wurden. Die Dörfer, durch die wir hindurch fuhren, ertranken im Müll und Schlamm, nasse und dreckverkrustete Hunde und Kühe tummelten sich vereinzelt am Straßenrand, alles war hässlich, grau und ungemütlich. Meine Vorfreude auf die Steppe wurde spürbar gedämpft, die Aussicht aus dem Autofenster ließ sehr zu wünschen übrig und aufgrund der Straßenverhältnisse kamen wir nicht wirklich vorwärts.
Nach 3,5 Stunden Fahrt legten wir den ersten Stop ein, um in einem uigurischen Dorf Schaschlik zu essen. Das Dorf hieß Bajseit. Auch hier war es kalt und ungemütlich, die Straße und vor allem der Straßenrand bestand nur aus Schlamm mit Schlammpfützen. Was aber nicht hieß, dass die jungen Frauen nicht auf den obligatorischen mega-dünnen Highheels durch die Gegend stöckeln konnten. Es ist erstaunlich, dass selbst auf dem Lande bei schlechtestem Wetter die Weiblichkeit so hochgehalten wird, da kam ich mir in Jeans und Wanderschuhen wieder regelrecht trampelig vor. Sascha, der die Tour schon unzählige Male mit Touristen gemacht hatte, führte uns zum angeblich besten Schaschlik-Stand (was wir ihm anstandslos glauben mussten, denn der Schaschlik-Meister war sein Freund), wo wir unsere Bestellung aufgaben und dann schlenderten wir noch gemeinsam über den Straßen-Markt, wo das frische Obst aufmunternde farbige Kontraste in die matschige Landschaft setzte. Zurück beim Schaschlik-Meister nahmen wir in der Gaststube Platz, die aus einem kleinen Raum mit 3 Tischen und vielen Hockern bestand. Hier hatte bereits eine Großfamilie Platz genommen und der Tisch war überladen mit Tellern und Essenresten. Wir bekamen Chai, den typischen schwarzen Tee mit Milch, und frisches Brot und dann waren auch schon unsere Schaschliks fertig. Schaschlik hier, im Ursprungsland, hat wenig mit unseren Fleischspießen in Deutschland zu tun, wo sich die mundgerechten Fleischstücke mit Gemüse abwechseln. Hier bekommt man einen Metallspieß mit Fleisch, das mitunter ein ganzes Stück ist. Das Fleisch wurde 1,5 Stunden in Kiwi-saft eingelegt, was es so schön zart gemacht hat. Und es hat auch gar nicht schlecht geschmeckt. Dazu wurden rohe Zwiebeln auf einem Teller angereicht, die man sich zum Glück nach Bedarf einhelfen konnte. Sascha war in der Zwischenzeit noch mal losgespurtet, um das beste Fladenbrot der Welt zu besorgen, das es nuuur in diesem Dorf geben sollte. Und das war wirklich absolut fantastisch. Ebenfalls gespickt mit vielen Zwiebeln und von so einer lockeren Konsistenz, da hätt ich mich reinsetzen können. Zu schade, dass es das in Almaty nicht gibt. Wir nahmen jedenfalls eine Tagesration davon mit. Nachdem Chai (sehr gewöhnungsbedürftig mit Milchbröckchen und Teekrümeln drin), Brot und Schaschlik verputzt waren und wir uns neugierigen Blicken und Fragen gestellt haben, fand ich das Ganze doch eine sehr originale kasachische – okay, uigurische Erfahrung, die ich alleine sicher nicht gemacht hätte und freute mich auf den weiteren Verlauf.
Sascha mit dem weltbesten Brot:
Hier kommt der Chai:
Mein erstes Schaschlik... hmmmm!
Bevor wir weiterfuhren, mussten wir nur noch die öffentlichen Örtlichkeiten aufsuchen und da bin ich ganz schnell von meiner Euphorie wieder heruntergekommen. Erstmal wurde bezahlt: 20 Tenge (bittet rechnet selbst durch 198). Dann gab es eine Wand, auf der die richtige Richtung für Männlein und Weiblein angezeigt war und hinter der Wand packte mich das kalte Grauen. In einem Holzverschlag waren im durchnässten Holzboden 4 Löcher nebeneinander. UND DAS WAR’S! Keine Kabinen, keine Trennwand, keine Privatsphäre, keine trockenen Schuhe, kein Papier, kein Waschbecken, kein Wasser. Nur: Loch aussuchen, hinhocken, Hose runter, zielen. Und auf einer öffentlichen Toilette am Markttag ist man nicht gerade allein. Ich hab in diesem Moment jedenfalls Essen und Trinken für die nächsten 3 Tage abgeschworen. Und wo habe ich mein Desinfektionsspray an solchen Tagen? In der falschen Handtasche.
Wir fuhren weiter und da das Wetter immer schlechter und kälter wurde, entschieden wir, einen Museumsbesuch einzuschieben, da das Wetter im Canyon, unserem Hauptziel für heute, ja kaum noch schlechter werden könnte. Im Dorf Nura besuchten wir das einzige Adlerjagd-Museum Kasachstan. Es wird von Privatleuten betrieben, deren Familien sich der Jagd mit Hunden und Adlern verschrieben haben. Als erstes durften wir die Käfige mit den großen Jagdvögeln ansehen, die hier Berkut heißen. Der Frau vom Museum war es ein bisschen unangenehm, weil sie die Käfige noch nicht sauber gemacht hatte, aber eigentlich war das Museum ja geöffnet. Es gab 3 Adler, die auf einem Ast hockten, auf dem sie angebunden waren, und die sich lautstark mit ihren Nachbarn im anderen Käfig, die sie allerdings nicht sehen konnten, unterhielten. Dazwischen war ein Gehege mit 3 Jagdhunden, den Tarzois, einer Art Windhund mit kurzem Fell und ringeligem Schanz. In dem Käfig schien tatsächlich seit 1 Woche kein Häufchen mehr entsorgt worden sein. Bevor wir uns noch weiter umsahen, bat uns die Dame schnell ins Haus, in den Museumsteil. Hier gab es einen Raum, in dem in der Mitte alle möglichen Adlerjagdhilfsmittel ausgestellt wurden und an den Wänden hingen Bilder und Felle erlegter Tiere. Ehrfürchtig, ohne etwas zu berühren, wir waren schließlich im Museum, schauten wir uns um. Stolz zeigte uns die Dame Geschenke von Gästen aus aller Welt und als ich eine Frage zu einem der ausgestellten Utensilien hatte, griff sie in die Vitrine, zog es hervor und drückte mir die Adleraugenabdeckhaube in die Hand. Und bei der nächsten Frage hatte ich den Adlerfütterungsbehälter in der Hand. Besonders interessant: der Weil-auf-langen-Ritten-schwer-wird-Adler-Arm-Abstütz-Bolzen. Dann hatte ich plötzlich eine original kasachische Adlerjäger-Mütze auf, ein Tier auf der Schulter und Pfeil und Bogen in der Hand. Das ist mal Museum zum Anfassen! Ich war begeistert!
Als alles angetatscht war, blätterten wir in Büchern, die ihren Sohn bei der Adleraufzucht zeigten, großartige Schmuckbänder mit unglaublich schönen Bildern von der Beizjagd.
Großer Jäger Nr. 1...
... und Nr. 2
Ausstellungsstücke im Museum:
Jetzt wurde es lustig:
Märchenstunde auf kasachisch:
Sascha drängte zum Aufbruch, schließlich hatten wir noch einen weiten Weg vor uns. Wir fuhren wieder durch Schneesturm, wenig Sicht, mit eingefrorenen Scheibenwischern und immer mehr Zweifeln daran, dass es im Canyon wirklich schöner sein sollte. Sascha hatte uns anfangs noch versichert, dass im ganzen Umkreis Unwetter sein könne, im Canyon ist es immer schön. So langsam hielt er das aber auch nicht mehr für möglich. Als wir am Eingang zum Nationalpark auch noch nicht einmal zahlen mussten, weil kein Parkwächter da war, versicherte er uns stattdessen, dass wir die ersten Touristen seien, die den Canyon bei Schneesturm erleben würden. Und so war es dann auch. Der Canyon Charyn, nach dem gleichnamigen Fluß, der darin fließt, soll angeblich das kasachische Pendant zum Grand Canyon in America sein. Naja, ich kenn den ja nicht, aber der Canyon Sharyn war selbst bei Minusgraden, schlechter Sicht und Schneesturm, der einen fast von den Füßen riss, ein Erlebnis. Okay, wir haben keinen tollen Ausblick gehabt, wir konnten grade mal die andere Seite des Canyons erahnen. Wir sahen keinen blaugrün schimmernden Fluss am Grund, wir haben keine phantasievollen Figuren in den Felsen gesehen und keine Zikaden sägen hören. Aber hey, Canyon bei Sonnenschein kann doch jeder! Wir waren die einzigen! Und ich fand den Schneesturm aufregend. Der ganze Canyon-Besuch wurde dadurch eine Spur abenteuerlicher. Absperrungen, befestigte Wege oder Sicherheitsvorkehrungen gab es hier nämlich nicht. Jeder kann selber bestimmen, bis wohin er sich vorwagt, wo er langlaufen oder auf welchen Felsen kraxeln will. Abrutschgefahr? Sturzgefahr? Unbedingt! Und trotzdem, meinte Sascha, ist ihm noch nie ein Unfall zu Ohren gekommen. Ob das nur an der schlechten Mediendurchdringung in Kasachstan liegt?
Natürlich habe ich mich nicht in Gefahr begeben, aber aufregend war’s trotzdem, ich konnte gar nicht genug davon bekommen, im Sturm rumzuhopsen, trotz rot gefrorener Nase und vom Wind tränenden Augen.
Aber auch hier hatten wir nicht viel Zeit zu verweilen, mussten uns schleunigst zum nächsten Canyon aufmachen.
Straffer Wind am Canyon:
Wenig Aussicht:Was mir diese Felsformation wohl sagen will?
Das hält nicht mehr ewig:
Der Schneesturm wurde immer dichter, wir fuhren jetzt durch felsiges Gebiet. Am Straßenrand rotteten sich Pferde und Kühe ganz dicht zusammen, um der Kälte standzuhalten. Durch die Autotür auf meiner Seite drückte sich der eisige Wind hinein. Auf den Straßen lag eine dicke Eisschicht. Autos mit Zweiradantrieb mussten am Rand stehenbleiben, da sie die Anhöhen nicht mehr bewältigen konnten. Mehrere Fahrer taten sich zusammen und machten mit einer Schaufel Erde locker, die sie auf die Straße streuten. Fast triumphierend fuhr unser kleiner 4Rad-Antrieb-Minivan zwischen den Gestrandeten hindurch.
Auf der anderen Seite des Passes ließ der Schneesturm plötzlich aber endlich nach, dann auch der Schnee und plötzlich konnte man wieder weiter als 10 Meter gucken und vor allem schneller fahren. Fröhlich beschwingt erreichten wir den Canyon Temerlik.
Hier war es zwar auch kalt, aber bei weitem nicht so windig und vor allem hatten wir klare Sicht. Beide Seiten des Canyons waren auf gleicher Höhe und wenn man von weiter weg geschaut hätte, hätte man es glatt für eine durchgehende Ebene gehalten. Der offensichtliche Riss ist durch ein frühzeitliches Erdbeben entstanden. So frühzeitlich, dass sich am Grund des Canyons ein 10.000 Jahre altes Ökosystem aus einem Eschenwald entwickeln konnte. Dieses Stück Natur sah zwar grau, unaufgeräumt und verdreckt aus wie so vieles hier, aber allein das Wissen, dass dieser Wald schon vor so vielen Jahren hier stand und mal nicht von Menschenhand aufgeforstet wurde, flößte einem Respekt ein.
Auch hier gab es wieder keine störenden Absperrungen und so konnte ich in Ruhe alles erwandern, was ich mir zutraute bis das Licht weniger wurde, was ich aber nur daran merkte, das plötzlich meine Kamera meinte, mit Blitzlicht fotografieren zu müssen. Und beim abschließenden Aufstieg zurück zum Auto habe ich sogar ein Stück blau am Himmel gesehen. Ein gutes Zeichen für morgen, meinte Sascha.
Im Eschenurwald:
Hug a tree:
Ein Stückchen Weg trennte uns noch von unserer Übernachtungsmöglichkeit. Im Dämmerlicht kamen wir an unzähligen Pferdeherden vorbei, die zur Nacht ins heimische Dorf getrieben wurden. Auch Kühe und Schafe wurden in Sicherheit gebracht. Schließlich kommen besonders im Winter die Wölfe und Koyoten auf Futtersuche aus den Bergen.
Unsere Unterkunft befand sich im einzigen Wald, den die Steppe zu bieten hatte. Hier hatte der frühere Generalsekretär der Kommunistischen Partei Kasachstans, also zu Sowjetzeiten der Oberguru im Land, seinen Landsitz bauen lassen, auf den er sich zum Jagen und Entspannen zurückgezogen hatte. Nun, die Sowjetunion gibt’s nicht mehr, den Herrn Kunajev auch nicht und so wurde um seine Datscha noch weitere Holzhäuschen herum gebaut und an Gäste des Nationalparks vermietet. Mittlerweile sind allerdings die Wasserleitungen und die Heizung in die Brüche gegangen. Eine Reparatur im Nationalpark muss die Regierung bezahlen und wenn sie es nicht tut, dann bleibt es eben so wie es ist. Will heißen: ich hatte ein Bett in einem Holzhaus, mehr nicht. Die Toilette befand sich außerhalb, inmitten aller Holzhäuser. Diesmal war es ein Loch im Betonboden. Nur mäßig begeistert nahm ich mein Abendessen, bestehend aus Plov, dem Nationalgericht aus ölgetränktem Reis mit Möhren und Hammelfleisch, ein. Da es auch im Haus unheimlich kalt war, saß ich in voller Montur am Tisch und schlüpfte fast in derselben in meinen Schlafsack. Ohne Händewaschen, Zähneputzen oder sonstige hygienischen Grundregeln. Also eigentlich war es wie zelten, nur viel kälter.
Nach 3,5 Stunden Fahrt legten wir den ersten Stop ein, um in einem uigurischen Dorf Schaschlik zu essen. Das Dorf hieß Bajseit. Auch hier war es kalt und ungemütlich, die Straße und vor allem der Straßenrand bestand nur aus Schlamm mit Schlammpfützen. Was aber nicht hieß, dass die jungen Frauen nicht auf den obligatorischen mega-dünnen Highheels durch die Gegend stöckeln konnten. Es ist erstaunlich, dass selbst auf dem Lande bei schlechtestem Wetter die Weiblichkeit so hochgehalten wird, da kam ich mir in Jeans und Wanderschuhen wieder regelrecht trampelig vor. Sascha, der die Tour schon unzählige Male mit Touristen gemacht hatte, führte uns zum angeblich besten Schaschlik-Stand (was wir ihm anstandslos glauben mussten, denn der Schaschlik-Meister war sein Freund), wo wir unsere Bestellung aufgaben und dann schlenderten wir noch gemeinsam über den Straßen-Markt, wo das frische Obst aufmunternde farbige Kontraste in die matschige Landschaft setzte. Zurück beim Schaschlik-Meister nahmen wir in der Gaststube Platz, die aus einem kleinen Raum mit 3 Tischen und vielen Hockern bestand. Hier hatte bereits eine Großfamilie Platz genommen und der Tisch war überladen mit Tellern und Essenresten. Wir bekamen Chai, den typischen schwarzen Tee mit Milch, und frisches Brot und dann waren auch schon unsere Schaschliks fertig. Schaschlik hier, im Ursprungsland, hat wenig mit unseren Fleischspießen in Deutschland zu tun, wo sich die mundgerechten Fleischstücke mit Gemüse abwechseln. Hier bekommt man einen Metallspieß mit Fleisch, das mitunter ein ganzes Stück ist. Das Fleisch wurde 1,5 Stunden in Kiwi-saft eingelegt, was es so schön zart gemacht hat. Und es hat auch gar nicht schlecht geschmeckt. Dazu wurden rohe Zwiebeln auf einem Teller angereicht, die man sich zum Glück nach Bedarf einhelfen konnte. Sascha war in der Zwischenzeit noch mal losgespurtet, um das beste Fladenbrot der Welt zu besorgen, das es nuuur in diesem Dorf geben sollte. Und das war wirklich absolut fantastisch. Ebenfalls gespickt mit vielen Zwiebeln und von so einer lockeren Konsistenz, da hätt ich mich reinsetzen können. Zu schade, dass es das in Almaty nicht gibt. Wir nahmen jedenfalls eine Tagesration davon mit. Nachdem Chai (sehr gewöhnungsbedürftig mit Milchbröckchen und Teekrümeln drin), Brot und Schaschlik verputzt waren und wir uns neugierigen Blicken und Fragen gestellt haben, fand ich das Ganze doch eine sehr originale kasachische – okay, uigurische Erfahrung, die ich alleine sicher nicht gemacht hätte und freute mich auf den weiteren Verlauf.
Sascha mit dem weltbesten Brot:
Hier kommt der Chai:
Mein erstes Schaschlik... hmmmm!
Bevor wir weiterfuhren, mussten wir nur noch die öffentlichen Örtlichkeiten aufsuchen und da bin ich ganz schnell von meiner Euphorie wieder heruntergekommen. Erstmal wurde bezahlt: 20 Tenge (bittet rechnet selbst durch 198). Dann gab es eine Wand, auf der die richtige Richtung für Männlein und Weiblein angezeigt war und hinter der Wand packte mich das kalte Grauen. In einem Holzverschlag waren im durchnässten Holzboden 4 Löcher nebeneinander. UND DAS WAR’S! Keine Kabinen, keine Trennwand, keine Privatsphäre, keine trockenen Schuhe, kein Papier, kein Waschbecken, kein Wasser. Nur: Loch aussuchen, hinhocken, Hose runter, zielen. Und auf einer öffentlichen Toilette am Markttag ist man nicht gerade allein. Ich hab in diesem Moment jedenfalls Essen und Trinken für die nächsten 3 Tage abgeschworen. Und wo habe ich mein Desinfektionsspray an solchen Tagen? In der falschen Handtasche.
Wir fuhren weiter und da das Wetter immer schlechter und kälter wurde, entschieden wir, einen Museumsbesuch einzuschieben, da das Wetter im Canyon, unserem Hauptziel für heute, ja kaum noch schlechter werden könnte. Im Dorf Nura besuchten wir das einzige Adlerjagd-Museum Kasachstan. Es wird von Privatleuten betrieben, deren Familien sich der Jagd mit Hunden und Adlern verschrieben haben. Als erstes durften wir die Käfige mit den großen Jagdvögeln ansehen, die hier Berkut heißen. Der Frau vom Museum war es ein bisschen unangenehm, weil sie die Käfige noch nicht sauber gemacht hatte, aber eigentlich war das Museum ja geöffnet. Es gab 3 Adler, die auf einem Ast hockten, auf dem sie angebunden waren, und die sich lautstark mit ihren Nachbarn im anderen Käfig, die sie allerdings nicht sehen konnten, unterhielten. Dazwischen war ein Gehege mit 3 Jagdhunden, den Tarzois, einer Art Windhund mit kurzem Fell und ringeligem Schanz. In dem Käfig schien tatsächlich seit 1 Woche kein Häufchen mehr entsorgt worden sein. Bevor wir uns noch weiter umsahen, bat uns die Dame schnell ins Haus, in den Museumsteil. Hier gab es einen Raum, in dem in der Mitte alle möglichen Adlerjagdhilfsmittel ausgestellt wurden und an den Wänden hingen Bilder und Felle erlegter Tiere. Ehrfürchtig, ohne etwas zu berühren, wir waren schließlich im Museum, schauten wir uns um. Stolz zeigte uns die Dame Geschenke von Gästen aus aller Welt und als ich eine Frage zu einem der ausgestellten Utensilien hatte, griff sie in die Vitrine, zog es hervor und drückte mir die Adleraugenabdeckhaube in die Hand. Und bei der nächsten Frage hatte ich den Adlerfütterungsbehälter in der Hand. Besonders interessant: der Weil-auf-langen-Ritten-schwer-wird-Adler-Arm-Abstütz-Bolzen. Dann hatte ich plötzlich eine original kasachische Adlerjäger-Mütze auf, ein Tier auf der Schulter und Pfeil und Bogen in der Hand. Das ist mal Museum zum Anfassen! Ich war begeistert!
Als alles angetatscht war, blätterten wir in Büchern, die ihren Sohn bei der Adleraufzucht zeigten, großartige Schmuckbänder mit unglaublich schönen Bildern von der Beizjagd.
Großer Jäger Nr. 1...
... und Nr. 2
Ausstellungsstücke im Museum:
Jetzt wurde es lustig:
Märchenstunde auf kasachisch:
Sascha drängte zum Aufbruch, schließlich hatten wir noch einen weiten Weg vor uns. Wir fuhren wieder durch Schneesturm, wenig Sicht, mit eingefrorenen Scheibenwischern und immer mehr Zweifeln daran, dass es im Canyon wirklich schöner sein sollte. Sascha hatte uns anfangs noch versichert, dass im ganzen Umkreis Unwetter sein könne, im Canyon ist es immer schön. So langsam hielt er das aber auch nicht mehr für möglich. Als wir am Eingang zum Nationalpark auch noch nicht einmal zahlen mussten, weil kein Parkwächter da war, versicherte er uns stattdessen, dass wir die ersten Touristen seien, die den Canyon bei Schneesturm erleben würden. Und so war es dann auch. Der Canyon Charyn, nach dem gleichnamigen Fluß, der darin fließt, soll angeblich das kasachische Pendant zum Grand Canyon in America sein. Naja, ich kenn den ja nicht, aber der Canyon Sharyn war selbst bei Minusgraden, schlechter Sicht und Schneesturm, der einen fast von den Füßen riss, ein Erlebnis. Okay, wir haben keinen tollen Ausblick gehabt, wir konnten grade mal die andere Seite des Canyons erahnen. Wir sahen keinen blaugrün schimmernden Fluss am Grund, wir haben keine phantasievollen Figuren in den Felsen gesehen und keine Zikaden sägen hören. Aber hey, Canyon bei Sonnenschein kann doch jeder! Wir waren die einzigen! Und ich fand den Schneesturm aufregend. Der ganze Canyon-Besuch wurde dadurch eine Spur abenteuerlicher. Absperrungen, befestigte Wege oder Sicherheitsvorkehrungen gab es hier nämlich nicht. Jeder kann selber bestimmen, bis wohin er sich vorwagt, wo er langlaufen oder auf welchen Felsen kraxeln will. Abrutschgefahr? Sturzgefahr? Unbedingt! Und trotzdem, meinte Sascha, ist ihm noch nie ein Unfall zu Ohren gekommen. Ob das nur an der schlechten Mediendurchdringung in Kasachstan liegt?
Natürlich habe ich mich nicht in Gefahr begeben, aber aufregend war’s trotzdem, ich konnte gar nicht genug davon bekommen, im Sturm rumzuhopsen, trotz rot gefrorener Nase und vom Wind tränenden Augen.
Aber auch hier hatten wir nicht viel Zeit zu verweilen, mussten uns schleunigst zum nächsten Canyon aufmachen.
Straffer Wind am Canyon:
Wenig Aussicht:Was mir diese Felsformation wohl sagen will?
Das hält nicht mehr ewig:
Der Schneesturm wurde immer dichter, wir fuhren jetzt durch felsiges Gebiet. Am Straßenrand rotteten sich Pferde und Kühe ganz dicht zusammen, um der Kälte standzuhalten. Durch die Autotür auf meiner Seite drückte sich der eisige Wind hinein. Auf den Straßen lag eine dicke Eisschicht. Autos mit Zweiradantrieb mussten am Rand stehenbleiben, da sie die Anhöhen nicht mehr bewältigen konnten. Mehrere Fahrer taten sich zusammen und machten mit einer Schaufel Erde locker, die sie auf die Straße streuten. Fast triumphierend fuhr unser kleiner 4Rad-Antrieb-Minivan zwischen den Gestrandeten hindurch.
Arme Ponies:
Auf der anderen Seite des Passes ließ der Schneesturm plötzlich aber endlich nach, dann auch der Schnee und plötzlich konnte man wieder weiter als 10 Meter gucken und vor allem schneller fahren. Fröhlich beschwingt erreichten wir den Canyon Temerlik.
Hier war es zwar auch kalt, aber bei weitem nicht so windig und vor allem hatten wir klare Sicht. Beide Seiten des Canyons waren auf gleicher Höhe und wenn man von weiter weg geschaut hätte, hätte man es glatt für eine durchgehende Ebene gehalten. Der offensichtliche Riss ist durch ein frühzeitliches Erdbeben entstanden. So frühzeitlich, dass sich am Grund des Canyons ein 10.000 Jahre altes Ökosystem aus einem Eschenwald entwickeln konnte. Dieses Stück Natur sah zwar grau, unaufgeräumt und verdreckt aus wie so vieles hier, aber allein das Wissen, dass dieser Wald schon vor so vielen Jahren hier stand und mal nicht von Menschenhand aufgeforstet wurde, flößte einem Respekt ein.
Auch hier gab es wieder keine störenden Absperrungen und so konnte ich in Ruhe alles erwandern, was ich mir zutraute bis das Licht weniger wurde, was ich aber nur daran merkte, das plötzlich meine Kamera meinte, mit Blitzlicht fotografieren zu müssen. Und beim abschließenden Aufstieg zurück zum Auto habe ich sogar ein Stück blau am Himmel gesehen. Ein gutes Zeichen für morgen, meinte Sascha.
Im Eschenurwald:
Hug a tree:
Ein Stückchen Weg trennte uns noch von unserer Übernachtungsmöglichkeit. Im Dämmerlicht kamen wir an unzähligen Pferdeherden vorbei, die zur Nacht ins heimische Dorf getrieben wurden. Auch Kühe und Schafe wurden in Sicherheit gebracht. Schließlich kommen besonders im Winter die Wölfe und Koyoten auf Futtersuche aus den Bergen.
Unsere Unterkunft befand sich im einzigen Wald, den die Steppe zu bieten hatte. Hier hatte der frühere Generalsekretär der Kommunistischen Partei Kasachstans, also zu Sowjetzeiten der Oberguru im Land, seinen Landsitz bauen lassen, auf den er sich zum Jagen und Entspannen zurückgezogen hatte. Nun, die Sowjetunion gibt’s nicht mehr, den Herrn Kunajev auch nicht und so wurde um seine Datscha noch weitere Holzhäuschen herum gebaut und an Gäste des Nationalparks vermietet. Mittlerweile sind allerdings die Wasserleitungen und die Heizung in die Brüche gegangen. Eine Reparatur im Nationalpark muss die Regierung bezahlen und wenn sie es nicht tut, dann bleibt es eben so wie es ist. Will heißen: ich hatte ein Bett in einem Holzhaus, mehr nicht. Die Toilette befand sich außerhalb, inmitten aller Holzhäuser. Diesmal war es ein Loch im Betonboden. Nur mäßig begeistert nahm ich mein Abendessen, bestehend aus Plov, dem Nationalgericht aus ölgetränktem Reis mit Möhren und Hammelfleisch, ein. Da es auch im Haus unheimlich kalt war, saß ich in voller Montur am Tisch und schlüpfte fast in derselben in meinen Schlafsack. Ohne Händewaschen, Zähneputzen oder sonstige hygienischen Grundregeln. Also eigentlich war es wie zelten, nur viel kälter.
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