Freitag, 5. März 2010

Meine erste Woche

Meine erste Woche in Almaty bestand im Wesentlichen aus Arbeiten, Wohnungsbesichtigungen und Schlafen. Morgens wurde ich von Heiko oder einem Taxi zur Arbeit gebracht (wobei Heiko die wesentlich zuverlässige Alternative ist, denn abends ein Taxi für 8:30Uhr am nächsten Morgen zu bestellen, heißt noch lange nicht, dass man vor 9Uhr weg kommt) und abends bin ich ins Hotel gelaufen. Diese 50Minuten straffer Fußmarsch sind meine einzige Bewegung gewesen. Der Weg führte die ganze Zeit an einer Hauptverkehrsstraße entlang und so wurde ich immer wieder Zeuge kasachischer Koordinationskünste im Straßenverkehr. Zum Einen sieht man hier zwar modernere Autos herumfahren, die Masse besteht allerdings aus Dreckschleudern, die allen möglichen Ländern aufgekauft werden. Oft sieht man die Werbung für ein deutsches Autohaus unter den Kennzeichen, manche haben ihr Lenkrad links, aber vor allem stoßen alle zusammen so viele Abgase aus, dass ich nach meinem Heimweg regelmäßig Kopfschmerzen hatte. Des Weiteren ist die Spurführung hier reine Interpretationssache. Egal, ob Linien aufgemalt sind oder nicht, es fahren immer so viele Autos nebeneinander, wie gerade Platz haben. Auch die Mittellinie darf dabei großzügig überfahren werden. Wer links abbiegen will und erst den Gegenverkehr durchlassen muss, darf sich auch gerne in Dreierreihen aufstellen und wer aus einer Nebenstraße in eine Hauptstraße einbiegt, darf auch gerne so weit vorfahren, dass der Verkehr in der einen Richtung warten muss, bis auch die andere Richtung frei wird und der freundliche Mitbürger die Hauptstraße wieder frei macht. Dazu gesellen sich ausdauernde Hupkonzerte. Geräusche, die in Deutschland einen mittelschweren Unfall ankündigen würden (Bremsenquietschen, durchdrehende Reifen, Hupen) gehören hier zum ganz normalen Feierabendverkehr. Alles in allem überzeugt mich dieses ganze Verkehrschaos jedes Mal erneut davon, hier kein Auto zu fahren. Hinzu kommt ja auch noch die bestechlichen Polizisten, die einen ohne Grund anhalten und einem eine undurchsichtige Strafe aufbrummen, die gerade so hoch ist wie das mitgeführte Bargeld. Nee nee, da geh ich wirklich lieber zu Fuß.
Im Büro ist es nicht weniger chaotisch. Ich will Euch nicht mit Insider-Details langweilen, aber die größte Hürde ist hier tatsächliche die kulturelle Diskrepanz. Hier gibt es eben keine selbständig-denkenden, lösungsorientiert-handelnden Mitarbeiter mit „Anpack-Mentalität“. Das macht mir das Leben ganz schön schwer. Zum Glück habe ich eine Praktikantin an der Hand, die für mich übersetzt. Aber das macht die Verhandlungen mit den Leuten noch anstrengender und es dauert doppelt so lange, wenn alles im Prinzip zweimal gesagt werden muss. Wenn mir etwas komisch vorkommt, frage ich, welche Bedeutung das hat. Darauf ernte ich dann immer Schulterzucken, denn keiner macht sich hier Gedanken, über einen tieferen Sinn. Sobald etwas unklar ist, wird es ignoriert. Diese Einstellung ist mein größter Stressfaktor. Auf der anderen Seite entpuppen sich die Probleme als relativ schnell lösbar. Es muss nämlich nur mal jemand MACHEN. Und somit sind es dann doch wieder leicht verdiente Lorbeeren.
Ja und die Wohnungsbesichtigungen entpuppten sich auch noch als Krampf. Meine Wohnungssuch-Assistentin Zhenja hat Anzeigen im Internet rausgesucht, dann ist sie mit zur Besichtigung gekommen, da ja außerhalb von Bayer erst recht keiner Englisch spricht. Die ersten beiden Wohnungen waren regelrechte Löcher. Da hab ich schon einen mächtigen Schreck bekommen. Aber zum Glück hat auch Zhenja diese als unwürdig empfunden und weitergesucht. Die nächste Wohnung war zwar niegelnagelneu und hübsch hergerichtet, es fehlten aber die ganzen Möbel und ohne die wollte ich dann doch nicht einziehen. Die 4. Wohnung ist es schließlich geworden. Nicht, weil sie so toll ist, sondern weil ich das Suchen satt hatte und eigentlich auch nicht ständig um 6 von der Arbeit abhauen konnte, um weitere Besichtigungen zu machen. Hier waren zumindest alle Möbel da und es war halbwegs modern. Der Weg zur Arbeit ist nicht wesentlich kürzer geworden, aber vor der Tür habe ich ein riesiges Einkaufszentrum, dessen Supermarkt 24h lang offen hat und das ist doch auch schon mal was.
Tja, was habe ich gegessen diese Woche? Nicht viel, manchmal fast gar nix, weil ich einfach nicht dazu gekommen bin. Immerhin hatte ich meine Äpfel und Bananen vom Markt noch. Mittags sind wir diese Woche 2mal in einem Restaurant gewesen, wo es das „Business Lunch“ für 800Tenge, also 4 Euro gibt. Dazu gibt es Salat, Vorsuppe, Hauptspeise und Nachtisch. Und da muss ich mal sagen, dass die hier ganz ausgezeichnete Eintöpfe zaubern können. Okay, das Hühnchen kommt immer zersprengt mit Knochen, das Gemüse hat braune Stellen, aber die Eintöpfe sind fantastisch! Also muss ich wohl doch nicht verhungern :-)

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